Aufruf zu Besonnenheit, Zuversicht & eigenverantwortlichem Handeln

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Melek Stardust
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Aufruf zu Besonnenheit, Zuversicht & eigenverantwortlichem Handeln

Beitrag von Melek Stardust »

Der Text ist vom 20.05. Ich habe nicht direkt gepostet, weil ich erstmal abwarten wollte, wie es weiter geht. Einiges hat sich bereits erledigt, aber ich schreib das jetzt nicht nochmal alles um. :)


Liebe Festgemeinde,
Sehr geehrte Kosmonauten,



Wir haben dieses Jahr die (einmalige) Chance zu zeigen, wer wir sind und was unseren bunten Haufen so besonders macht.
Sehen wir die durch den Polizeipräsidenten angestoßene Provokation als Möglichkeit. Denn, dass es sich um eine Provokation handelt, liegt inzwischen doch sehr nahe. Sorgen wir also dafür, dass dieser Schuss nach hinten losgeht. Nehmen wir diese Herausforderung mit dem unserer großartigen und traditionsbewussten Veranstaltung eigenen Anstand und Würde zur Kenntnis. :)

Wie ja bereits von „Zeit online“ aufgezeigt wurde, sind innerhalb der Behörde(n) Strukturen und fragwürdige bis dem Rechtsstaat zuwider handelnde Kontakte zu Personen aus dem rechten Milleu zu erkennen, die auch bei breiten und konservativer eingestellten Teilen der Bevölkerung auf Widerstand treffen (werden). Dafür, dass ein verurteilter rechter Straftäter, der selbst für die AfD untragbar ist (!), als Dozent an der Ausbildung von zukünftigen Polizeibeamten beteiligt ist, dürften selbst konservative Bürger und Politiker kein Verständnis zeigen. Die Weitergabe personenbezogener, vertraulicher Daten verstößt nicht nur gegen die DSGVO und ist damit strafbar, sondern ein Vertrauensmissbrauch sondergleichen. Dieses Verhalten ist einer Behörde, die gerade für den Schutz der Bürger und das Einhalten von Gesetzen zuständig ist, in keiner Weise würdig oder angemessen.
Dass dies nur ein Fall von vielen ist, dürfte jedem, der ab und zu mal eine Zeitung aufschlägt ohne gleich reflexartig „Lügenpresse“ brüllen zu müssen, inzwischen schmerzlich bewusst geworden sein. Sollte sich also herausstellen, dass die Polizei gezielt als ausführendes Organ, nicht des Staates, sondern rechter (verfassungsfeindlicher!) Randgruppen, zu instrumentalisieren versucht wurde, wird das hoffentlich Konsequenzen haben. Besser gesagt: Es muss!
Es gibt nun wahrscheinlich ein paar hunderttausend Augen mehr, die ganz genau hinsehen, wenn sich etwas Ähnliches in Zukunft ereignet. Eine kleine Anfrage bezüglich des geplanten Budgets für den Einsatz dürfte auch interessant sein - das Thema „Verschwendung von Steuergeldern“ macht sich ja im Wahlkampf immer ganz besonders gut und stößt in weiten Teilen der Bevölkerung auf große Sympathie...
Allerdings sollten wir jetzt auch nicht generallisieren und allen Beteiligten seitens der Behörden Motive unterstellen. Wie dieses Beispiel zeigt, reichen manchmal Einzelne oder Wenige aus, um die Stimmung zu trüben. Konzentrieren wir uns auf die Kehrseite: Manchmal reicht eben auch ein Mensch oder eine kleine Gruppe, um die Stimmung aufzuhellen.

Wenn wir nun dieses Jahr eine politische, aufregende Fusion vor uns haben, sollten wir uns etwas klar machen:
Es geht hier inzwischen nicht mehr nur um unser liebgewonnenes Festival, sondern um ein Statement von landesweitem Interesse. Die Fusion war nie ganz unpolitisch, auch wenn es für den Besucher durchaus die Möglichkeit gab, sich aus solchen Debatten rauszuhalten (wovon evtl auch etwas zu gerne Gebrauch gemacht wurde). Aber spätestens jetzt ist sie nicht nur politisch, sondern wurde politisiert. Und das von unterschiedlichen Strömungen. Ich habe schon den Eindruck, dass die Debatte instrumentalisiert wird. Diese Aufmerksamkeit mag momentan hilfreich sein, wirft aber auch Fragen über Konsequenzen für die Zukunft auf.
Wir haben uns bisher in einem mehr oder weniger privaten Schutzraum befunden, das wird dieses Jahr vielleicht etwas anders sein. (Wird es sich auch anders anfühlen? Das liegt auch bei uns, doch dazu später.)

Allerdings sind die totalitären und faschistischen Tendenzen, die in letzter Zeit beunruhigende Ausmaße annehmen, etwas, das wir nicht ignorieren sollten. Viele Leute schweigen, so lange es sie nicht selbst betrifft. Ihnen sind die Auswirkungen entweder nicht bekannt oder egal. Aber so etwas betrifft uns alle. Wir können uns die Bequemlichkeit politischen Desinteresses (leider?) in einer Demokratie nicht (mehr) leisten. Daher verstehe ich auch den Schritt der Veranstalter/des Kulturkosmos, dieses Mal an die Öffentlichkeit zu gehen. Und das, obwohl ich sonst eine der ersten Personen bin, die bspw mit Unmut auf Handykameras auf der Tanzfläche reagiert.

(Naja, der Drops mit der öffentlichen Zurückhaltung und Diskretion ist gelutscht, das war ja abzusehen und eh nur eine Frage der Zeit.
Mein persönliches Anliegen: Vielleicht denkt in Zukunft der/ die ein oder andere noch einmal darüber nach, wie wohl ein Zusammenhang zwischen Themen wie „Überwachung durch den Staat“ und „Schnell noch ‘n Selfie/Das muss ich unbedingt posten“ aussehen könnte, bzw. warum sich Mitfeiernde in ihren Persönlichkeitsrechten eingeschränkt und belästigt fühlen, wenn sie ständig irgend einer Kamera ausweichen müssen. Ich sehe da durchaus Parallelen. Privatsphäre zu respektieren gehört zu den Grundregeln der Fusion, ermöglicht freie Entfaltung und nach meiner Erfahrung macht sich keiner die Mühe, alle Leute persönlich anzusprechen, die auf der Aufnahme dann zu sehen sind. Wenn man nun bedenkt, dass so ein gut informierter, kompetenter PP seine Informationen aus dem beziehen will, was gerade die Leute posten, die sich mit diesem Grundsatz des Festivals nicht so ganz identifizieren können...
Entschuldigt bitte meine Ausschweifungen hierzu, aber das ist mir wichtig.)


Zurück zum Thema:

Die Fusion war nie einfach nur ein Feierei-Festival, sondern vertrat schon immer einen „politischen“ Standpunkt, zumindest bot sie guten Nährboden für eine aufgeschlossene Geisteshaltung. Es mag dem plötzlichen Anstieg der Besucherzahlen, dem mangelndem Interesse, sich vorab zu informieren oder gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen geschuldet sein, dass in den letzten Jahren tatsächlich auch vermehrt Leute anzutreffen waren, die sich mit eben diesen für die Gemeinschaft wichtigen Grundsätzen wenig vertraut zeigten. Daher ist es wichtiger denn je, den „Neulingen“ ein wenig zur Seite zu stehen. (Und wenn nötig auch mal jemanden auf die Regeln, die es nun einmal gibt, hin zu weisen. Wer z.B. die Müllberge letztes Jahr im Essenszelt und die kompletten Camps, die einfach stehen gelassen wurden, gesehen hat, weiß, was ich meine.) Vielleicht dient dieser Anlass auch jenen, die es bisher versäumt haben, dazu, sich einmal etwas genauer damit auseinander zu setzten, dass es bei dieser Veranstaltung eben nicht nur darum geht, sich zu geiler Mucke wegzuballern.
(Insgesamt bin ich aber immer wieder froh, jedes Jahr so vielen Leuten zu begegnen, denen zu begegnen eine Freude ist. So viele schöne Menschen! Es ist gut zu wissen, dass es euch da draußen gibt!)

Wer „Freiheit“ leben will, muss auch Verantwortung übernehmen - für sich, für seine Mitmenschen, für die Gemeinschaft. Sowas bekommt man nicht mal eben für 150 Öcken am Einlass automatisch mit dem Bändchen umgebunden... Die Möglichkeit - besser gesagt: die Aufforderung, sich damit auseinander zu setzen aber schon. (Einfach mal den Guide lesen und mit Leuten reden!) Bei allen Freiheiten: Es gibt schon bestimmte Voraussetzungen, damit das auch funktioniert...

Wenn wir uns nun klar positionieren müssen, wenn es notwendig wird, diesen Freiraum zu verteidigen, dann sollten wir das mit genau den Mitteln tun, die ihn so besonders machen: Kreativität, friedliches und bewusstes Miteinander, Freude am Leben und Achtsamkeit.

Wenn ich nun dieses Jahr eine aufwühlende Fusion habe, damit gewisse Strukturen an die Öffentlichkeit geraten, dann sollte es (mir) das besser auch wert sein. Denn wir werden dafür vielleicht einen hohen Preis zahlen müssen.
Für mich ist dieses Lebensgefühl, diese Einstellung aber mehr als nur eine rosarote Seifenblase und kann daher auch nicht so einfach platzen.
Ich sehe in der aktuellen Aufmerksamkeit eine Chance, das Auge der Öffentlichkeit auf das zu lenken, was sich momentan im braunen Sumpf zu verbergen sucht. Besser jetzt als später. Denn später könnte, wie die Vergangenheit zeigt, zu spät sein.

Wir machen die Fusion und die Fusion macht auch uns.
Sie wird gerade zum Symbol für künstlerische Freiräume, links-liberales Denken und alternative Spielräume. In streng hierarchischen, autokratischen Systemen sind solche Orte des Möglichen-Anderen eine Gefahr für die Stabilität einer Ordnung, die durch Angstmissbrauch, Überwachung, Manipulation und Bevormundung aufrecht erhalten werden muss. Wir sind uns wohl einig, dass wir uns eine solche Zukunft für dieses Land, in dem wir leben, nicht wünschen. Wir haben in den vergangenen Jahren bewiesen, dass wir nicht nur anders leben wollen, sondern es auch können. Und viele von uns tun dies nicht nur eine Woche im Jahr, sondern entwickeln auch darüber hinaus andere, neue Lebenskonzepte. Gerade das dürfte hier auch wichtig sein. Ich kann mir vorstellen, dass Leute ohne Erfahrung damit, dabei ein unsicheres und mulmiges Gefühl bekommen. Eben deshalb, weil sie sich nicht so sehr damit auseinander gesetzt haben, wie wir.

Wir haben Probleme, auch untereinander. Reden wir das nicht klein. Das ist ja auch völlig normal in einer lebendigen Gesellschaft. Sie zu negieren hieße, sie zu ignorieren. Aber in dieser einen Woche im Jahr können wir dem, was einem utopischen Entwurf von dem, was Gesellschaft sein könnte, nahe kommt eine Gestalt verleihen. Und zwar gemeinsam und friedlich. Denn wir gestalten mit, wir werden zur Gestalt, zur sozialen Plastik sozusagen.
Wenn die ausführenden Staatsorgane da auch mal mitmachen wollen...dann wäre das schon irgendwie sehr skuril und würde unsere, sowie deren Toleranzbereitschaft auf die Probe stellen. Gesellschaft halt. An uns sollte es in dem Fall besser nicht liegen...
Der achtsame Umgang miteinander ist es schließlich, der dafür gesorgt hat, dass trotz der Differenzen, die einzelne untereinander haben mögen, das Zusammenleben funktioniert. Weil wir damit ungehen oder sie auch mal beiseite legen können.
Die Stimmung im Vorfeld hochzukochen sehe ich daher auch als mögliche Taktik an, das allgemeine Aggressionslevel anzuheben um eventuellen Provokationen eine Angriffsfläche schaffen zu können. Darauf sollten wir uns echt nicht einlassen. Wir haben ja noch ein paar Wochen, um uns wieder abzuregen und uns geistig auf die Situation einzustellen - wie auch immer die dann aussehen wird.

Lasst uns wie immer friedlich und respektvoll miteinander umgehen. Also auch mit eventuellen Beamten vor Ort. Bleiben wir entspannt. Sollte es tatsächlich zum Einsatz verdeckter Ermittler kommen, werden wir aufmerksam sein und uns nicht provozieren lassen. Was uniformierte Beamte (in jeder Uniform steckt ein Mensch) angeht, haben bestimmt viele von uns lustige Ideen, wie wir uns den Spaß auf friedvolle Weise kunstvoll und ein wenig tollkühn nicht nehmen lassen. Da lässt sich doch bestimmt mit arbeiten. *Händereib-Augenbrauenzuck-Grins*
Also, ich zumindest fühle mich da kreativ beflügelt, geradezu beschwingt und werde mich gerne dieser neuen Herausforderung annehmen.

Wenn wir uns allerdings vom gegenseitigen Misstrauen vergiften lassen und paranoid werden würden, spielte das der angestrebten Demoralisierung unserer Gemeinschaft nur in die Hände.
Aber darüber sollten wir eigentlich nur besonnen lächeln, auch wenn es schwer fällt. Denn: Wir wissen es 'besser', wir haben es erfahren und wir werden es weitertragen! Dieses Wissen, dieses Lebensgefühl, das in uns keimt, es ist in der Welt. Es war schon immer da und es wird fortbestehen.
Im besten Fall werden auch die Einsatzkräfte vor Ort etwas davon mit zurücknehmen. Nicht durch Gewalt, sondern durch ein freundliches Lächeln.

Ich denke: Wer mit solch verzweifelten Mitteln agiert, spürt, dass er im Unrecht ist und weiß, dass er eigentlich schon verloren hat!
(Auch hier im Forum...)
Also, regt euch nicht allzu sehr auf und lasst euch nicht die Vorfreude verderben! (So’ne Art Mantra, das ich grad auch ständig wiederhole...)
Wir können da drüber stehen, unser Geist und die Kreativität geben uns die Mittel dazu.Wir haben das Werkzeug, wir müssen es nur benutzen.


In diesem Sinne:
Ich freu mich auf euch!
!!!!!!!!!!!!!!!!FJUUUUUUUUSCHNNNNNNN!!!!!!!!!!!!!



Abschließend möchte ich mich auch bei eventuellen Mitlesern für Ihre werte Aufmerksamkeit bedanken. Auch Ihnen wünsche ich einen schönen Sommer. Hoffentlich werden Sie bald wieder etwas Sinnvolleres zu tun bekommen. Ich wünsche Ihnen die Kraft und den Mut, dem Volk integer und ehrenvoll zu dienen und die Weisheit, zwischen ernsthafter Bedrohung für die Demokratie und einer lebendigen Kultur, die die Grundwerte derselben gerade dort verkörpert, wo Sie sie vielleicht nicht vermutet hätten, unterscheiden zu können. Denken Sie bitte daran: Auch wir sind das Volk! Es befinden sich durchaus mündige Bürger unter uns, die eigenständig denken und für die im Grundgesetz verankerten Werte eintreten. Das tun Sie hoffentlich auch.
MfG,
ein linksgrün-versiffter Nich-immer-gut-aber-geb-mein-Bestes-Mensch mit Bildungshintergrund!
followtheV
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Registriert: Mi 8. Mai 2019, 15:47

Re: Aufruf zu Besonnenheit, Zuversicht & eigenverantwortlichem Handeln

Beitrag von followtheV »

Amen.
Dem ist absolut GAR nicht hinzuzufügen.


(erster :lol: )
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