Esoterische Psycho-Sekte auf Fusion-Kinderspace?
Verfasst: Di 2. Jun 2020, 15:40
Diese Mail ging vor ein paar Tagen über den Berliner reflect!-Verteiler. Ich dachte, ich stelle sie hier auch einmal rein.
Teil 1 - Die Mail auf reflect!
Teil 2 - Der Artikel der mainpost von hinter der paywall
Teil 3 - Bildanhang des Newsletters von Go&Change mit dem Hinweis auf das 3.Mal Kinderspace-Orga
Teil 1 - Die Mail auf reflect!:
"Hallo in die Runde,
ich schreibe euch in der Annahme, dass einige von euch auf der Fusion
verkehren.
In den letzten Jahren war die Gemeinschaft "Go&Change" an der
Organisation des Kinderspace beteiligt. Über diese Gemeinschaft wurden
jetzt erschreckende Bericht veröffentlicht. Darin werden Gruppe sexuelle
Gewalt an Mitgliedern, der Zwang Drogen zu konsumieren und die totale
Kontrolle über das Sozialleben ihrer Mitglieder vorgeworfen.
Im Detail ist das alles hier nachzulesen.
https://www.mainpost.de/regional/schwei ... kommentare
https://www.br.de/nachrichten/bayern/ps ... er,RzniSE1
Im Anhang findet ihr noch den Newsletter von Go&Change in. dem sie
schrieben, dass sie seit jähren den Kinderpsace auf der Fusion
organisieren.
Ich denke die Vorwürfe gegenüber dieser Gruppe wiegen sehr sehr schwer
und die Fusion sollte sich zu der Kooperation mit dieser Gruppe äußern!
Liebe Grüße"
---
Teil 2 - Der Artikel der Mainpost von hinter der Paywall:
*Psychodruck und sexualisierte Gewalt in ehemaligem Kloster?*
//Aussteiger erheben schwere Vorwürfe gegen eine Gemeinschaft namens
"Go&Change". Die sieht sich selbst als Opfer von Diffamierung. Was geht
in Lülsfeld (Lkr. Schweinfurt) vor sich?//
Friedlich liegt es da, das ehemalige Kloster "Maria Schnee" am Ortsrand
von Lülsfeld. Genauso friedlich wie der Rest der 826-Seelen-Gemeinde im
Landkreis Schweinfurt. Gepflegte fränkische Landidylle. Die Zeit scheint
hier still zu stehen wie die Uhr über dem Hauptportal des
spätklassizistischen Klosterbaus: kurz nach zwölf. Auf dem Parkplatz
stehen eine Handvoll Autos, sie tragen keine Kennzeichen mehr. Die Tore
zur Zufahrt des Klosters sind geöffnet. Abschottung sieht anders aus.
Und dennoch stellt sich die Frage, was hinter den Klostermauern
geschieht, seitdem die Würzburger Erlöserschwestern den Komplex vor gut
drei Jahren verkauft haben, die letzten Nonnen nach 129 Jahren aus- und
eine Gemeinschaft namens "Go&Change" eingezogen ist. Eine Gemeinschaft
ohne kirchlichen Hintergrund, die der Weltanschauungsbeauftragte der
Diözese Würzburg als "Psychogruppe mit hohem Konfliktpotential"
einstuft, die aber von sich selbst sagt, ihr "Leben der Ausrichtung auf
Liebe verschrieben" zu haben. In den vergangenen Monaten wenden sich
mehrere Frauen und Männer an die Redaktion: ehemalige Mitglieder von
"Go&Change". In der Gemeinschaft gebe es "Psychoterror" und
"Gehirnwäsche", berichten sie unabhängig voneinander. Sie erzählen von
alles kontrollierenden Anführern und sexualisierter Gewalt als
"Therapie". Besuch von Angehörigen sei meist nicht gerne gesehen. Fast
alle Aussteiger wollen anonym bleiben. Vor allem die Aussteigerinnen
haben große Angst. "Go&Change" sieht sich als Opfer Gedemütigt und
frustriert haben die Frauen und Männer "Go&Change" zu unterschiedlichen
Zeitpunkten den Rücken gekehrt. Erst jetzt ? teilweise mehr als ein Jahr
später ? können sie darüber reden, sagen sie. Seit sie ihr Leben wieder
einigermaßen im Griff haben. Sie möchten, dass bekannt wird, was sich
laut ihren Worten in der Gemeinschaft zugetragen hat ? damit andere ihre
Erfahrungen nicht machen müssten. Als Warnung. "Go&Change" spricht
hingegen davon, dass man schon häufiger Opfer verschiedener
"Diffamierungsversuche" gewesen sei. Man sieht sich als "Angriffs- und
Projektionsfläche des Ungerechtigkeitsempfindens" einzelner
hinausgeworfener Personen, heißt es in einer E-Mail an die Redaktion.
Mit anderen ehemaligen Mitgliedern habe man "nach wie vor einen guten
Kontakt". Laut Lülsfelds Bürgermeister Thomas Heinrichs leben von einst
rund 40 Personen heute noch 20 Erwachsene und einige Kinder in dem Kloster.
Rückblick: 2017 legen die neuen Bewohner von "Maria Schnee" einen
Bilderbuchstart in Lülsfeldhin. Im Februar gibt der damalige
Bürgermeister Wolfgang Anger bekannt, dass das Klosterverkauft ist.
Zuvor wurde es auf einer Immobilienplattform im Internet für 399 000
Euroangeboten. Wie die Gemeinschaft den Kauf finanzierte, teilt
"Go&Change" auf Anfrage nichtmit. Im März stellen Vertreter der
Gemeinschaft, deren Ursprung eine Wohngemeinschaft inHalle an der Saale
ist, im Gemeinderat ihre Pläne vor. Im April präsentiert man sich
denDorfbewohnern im Amtsblatt. Man wolle im Kloster ein "Forschungs-
undBegegnungszentrum" einrichten, in dem man "neue Arten des liebevollen
Miteinanders"praktizieren könne. Man wolle "Teil des Dorfes" werden und
dessen "Bewohner unterstützen,wo wir nur können". Fast wortgleich lobt
heute Alt-Bürgermeister Anger "Go&Change": "Sie haben sich sehr
gutintegriert und helfen, wo sie nur können." Neu-Bürgermeister
Heinrichs, auf dessenKommunalwahlliste zwei "Go&Change"-Mitglieder
standen, bestätigt: "Ich kann nichtsNegatives sagen, sie haben sich
nichts zu Schulden kommen lassen." Das Kloster,schreibt "Go&Change" in
einem "Exposé" an "liebe Freunde", solle zu einer Art Pilgerort füralle
kreativen und inspirierten Geister werden. Zu einer Begegnungsstätte, in
der Kunst,Wissenschaft, Heilarbeit, Meditation, Innovation,
Spiritualität und mehr ineinanderfließen.
*Ein vermeintlicher "Guru" an der Spitze*
Die Aussteiger zeichnen ein weniger positives Bild über ihr Leben
innerhalb der Klostermauern.Nach idealistischem Beginn habe sich eine
einschüchternde Atmosphäre der Angst entwickelt. Ein
Gemeinschaftsmitglied ? K.K. (Name der Redaktion bekannt) ? rückt in den
Schilderungenbesonders in den Fokus. Er habe sich immer mehr zum "Guru"
gewandelt und die Führung übernommen.
Die Frauen und Männer beschreiben unter anderem Gruppensitzungen im
großen Saal desKlosters, die meist am Abend und ohne Vorankündigung
stattgefunden hätten. Willkürlich habeK.K. dabei eine Person ausgewählt.
Persönlichkeit und Charaktereigenschaften dieser Personwürden dann von
den anderen über Stunden hinweg "gespiegelt". Im Fokus dabei:
die"Schatten", also die Eigenschaften, die noch im Dunkeln liegen
würden, die man verdrängt habeund anschauen müsse. Dieses Anschauen
durch die Gruppe wird von allen Aussteigern als "starkmanipulativ"
beschrieben. Eine Frau hat es als "gewaltsames Aufbrechen der
Persönlichkeit"erlebt. Es sei ein großer Druck aufgebaut worden. "Unsere
Persönlichkeit wurde instabiler,unser Ich löste sich immer mehr auf",
formuliert es eine andere Betroffene.
*Sexpraktiken als Therapie*
Die Aussteiger zeichnen ein weniger positives Bild über ihr Leben
innerhalb der Klostermauern.Nach idealistischem Beginn habe sich eine
einschüchternde Atmosphäre der Angst entwickelt.Ein
Gemeinschaftsmitglied ? K.K. (Name der Redaktion bekannt) ? rückt in den
Schilderungenbesonders in den Fokus. Er habe sich immer mehr zum "Guru"
gewandelt und die Führungübernommen.
Nach und nach tritt bei allen Gesprächen mit den Aussteigerinnen noch
ein weiterer Aspektzutage: "Sadomaso-Sex" sei ebenfalls Teil einer
"Therapie" von K.K., der sich laut Aussteigernselbst als "Heiler"
bezeichnet. Dabei soll die Persönlichkeit von ihren "Schatten"
kuriertwerden. Diese Art der "Behandlung" finde in einem "Sex-Raum" im
oberen Stockwerk von"Maria Schnee" statt. Die Frauen erzählen, dass
einige dabei Verletzungen erlitten hätten, eineFrau sogar sehr schwere
körperliche Verwundungen. Auf die Anfrage der Redaktion, was es mitden
beschriebenen Sex-Therapien auf sich habe, antwortet "Go&Change" nicht.
Das sei "unserePrivatsache", so Krolle. Dementiert wird der Vorwurf nicht.
*Warum wurden keine Anzeigen erstattet?*
Die Männer meinen, niemand sei zum Sex gezwungen worden. Dem entgegnet
eine Aussteigerin, dass keine Frau genau gewusst habe, was sie dort
erwartet hätte. Wenn jemand nicht mit wollte, sei sofort wieder "ein
riesiger Druck" aufgebaut worden. Es sei unterstellt worden, dass dies
als Weigerung zu verstehen sei, seine Entwicklung voranzubringen. Warum
ließen sich die Frauen "diese Therapie" dann doch gefallen? "Wir haben
uns ja alle danach gesehnt, glücklich und innerlich frei von Schatten zu
sein", erklärt eine der Betroffenen. Und warum haben sie keine Anzeige
erstattet? Schulterzucken und ein erschrockener Gesichtsausdruck. "Wir
wollen unser Leben weiterleben", sagen sie, "ohne Stress." Und weil es
"uns aussichtslos erscheint. Wir haben Angst, dass wir das, was wir uns
jetzt wieder aufgebaut haben, verlieren ? dass wir verfolgt werden."
Ein solches Verhalten scheint keine Seltenheit zu sein. "Für Aussteiger
ist es erfahrungsgemäß sehr schwierig, sich nach dem Erlebten zu öffnen
und Hilfe in Anspruch zu nehmen", sagt Stefan Nickels vom
Polizeipräsidium München. Er ist bayernweit der einzige Polizist, der
sich mit solchen Gemeinschaften befasst. "Oft spielen hier auch die
Sorge und Angst vor einer Verfolgung durch die Gruppe eine wesentliche
Rolle."
Von Gewalt im Kloster habe er "nie was mitbekommen", sagt
Ex-Bürgermeister Anger. "Ich kann es mir auch nicht vorstellen." Es gebe
zwar eine Hierarchie im Kloster, "aber wenn man 40 Personen unter einen
Hut bringen will, da braucht es Regeln, um eine solche Gruppe zu
führen", sagt er. Und: Alle im Kloster "haben diese Lebensform
freiwillig gewählt". Sein Nachfolger Heinrichs sagt: Keiner der
Ausgezogenen "ist zu uns gekommen und hat sich über 'Go&Change' beschwert".
*Was ein betroffenes Ehepaar über "Go&Change" erzählt*
Ralf B. ist der einzige Zeuge, der aus der völligen Anonymität
heraustritt ? "weil ich keine Angst habe". Der pensionierte
Justizvollzugsbeamte und seine Frau, eine Grafikerin, waren nach einem
sogenannten Kennenlernwochenende für Interessierte (aktuelle
Teilnahmegebühr 350 Euro) zunächst begeistert von "Go&Change". Das war
im Winter 2018. Sie traten der Gemeinschaft bei und verlegten ihren
Lebensmittelpunkt vom Rheinland nach Unterfranken, nur wenige Kilometer
von Lülsfeld entfernt. Ins Kloster zogen sie zunächst jedoch nicht. Sie
waren externe Mitglieder. Er suchte eher eine Alters-WG, sagt der
62-Jährige. Aber er hat die Gemeinschaft voll unterstützt. Auch
finanziell. Auch Ralf B. ist heute nicht mehr von "Go&Change"
begeistert. "Ich bin wütend!" Er redet, weil er möchte, dass "Menschen,
die genauso unbedarft da hingehen, erspart bleibt, was uns passiert
ist". Für ihn ist "Go&Change" eine "Sekte". Keine Gemeinschaft, sondern
eine gefährliche "Kommune".
*Frau ist in therapeutischer Behandlung*
Der Sinneswandel begann nach dem Einzug seiner Frau ins Kloster im April
2019. Als die heute45-Jährige aufgrund familiärer Schicksalsschläge
psychische Probleme entwickelt, habe sie die"Ruhe und Geborgenheit"
innerhalb der Gemeinschaft gesucht. "Wir kümmern uns um deineFrau",
hätten K.K. und andere ihm versprochen. Für Kost und Logis zahlte sie
monatlich rund600 Euro ? laut anderen Aussteigern der übliche Satz.Heute
bedauert Ralf B. sein Vertrauen, das er "Go&Change" entgegengebracht
hat. Erholt habesich seine Frau dort nicht. Im Gegenteil. "Sie ist durch
die Hölle gegangen", sagt Ralf B.; er hates mitverfolgt. Er traf seine
Frau während ihres Aufenthalts regelmäßig. Bis heute habe sie
dieErfahrungen innerhalb der Klostermauern nicht verarbeitet. Momentan
befindet sich die 45-Jährige in therapeutischer Behandlung.*Werden im
Kloster Drogen genommen?*
Ralf B. erzählt von Schlafentzug durch "Prozess-Nächte" mit
Gruppensitzungen und von massiven verbalen Beleidigungen seiner Frau
gegenüber. Sie habe ihrem Mann von einer Strichliste berichtet, in der
vermeintliche Verfehlungen einer Person gezählt worden seien. Von ihrer
Isolierung in einer speziellen Gruppe für "narzisstische Frauen" ? als
Strafmaßnahme. Und von finanzieller Kontrolle der Mitglieder. Drogen
sollen zudem im Spiel gewesen sein: LSD und Ecstasy. "Weil man durch sie
mehr von sich preis gibt", meint Ralf B. Die anderen Aussteigerinnen und
Aussteiger bestätigen das. Ralf B. habe zudem bei einem Besuch
beobachtet, dass Drogen bewusst eingesetzt und gezielt an Einzelne
ausgegeben worden seien. Ralf B. beschreibt, dass seine Frau die
Gruppensitzungen als Folter empfunden habe. "Danach ist man fertig",
sagt er. Manchmal habe die Runde die ganze Nacht gedauert. Ohne Schlaf
hätten alle wieder an die Arbeit gemusst, in der sie fest eingeteilt
seien: in Küche oder Garten, zum Spüldienst, zum Kochen, zum Putzen.
Andere konnten ihr handwerkliches Geschick einbringen.
*K.K. will nicht mit der Redaktion sprechen*
Kann das alles tatsächlich wahr sein? Mitten in der fränkischen Idylle
und nur durch die Klostermauern vor den Augen der Lülsfelder verborgen?
"Go&Change" selbst geht auf die Vorwürfe, mit der die Redaktion die
Gemeinschaft in E-Mails konfrontiert, nicht konkret ein. Auf
entsprechende Fragen unter anderem zu den Gruppensitzungen, dem
mutmaßlichen Drogenkonsum und dem Stellenwert von Frauen im Kloster,
antwortet Geschäftsführer Krolle zweideutig: "Ja, solche Sachen würden
wir nie tun; Nein, wir machen noch viel Schlimmeres; Wir haben gegen
keine Gesetze verstoßen und fordern unsere ehemaligen Mitglieder auf uns
anzuzeigen, wenn sie es anders sehen." Versuche der Redaktion, mit dem
vermeintlichen Guru "K.K." ins Gespräch zu kommen, laufen ins Leere.
K.K., schreibt Krolle, sei wie alle im Kloster "bereit im Rahmen
polizeilicher oder gerichtlicher Vernehmungen auszusagen" ? so es denn
dazu käme.
*Wie der Weltanschauungsbeauftragte des Bistums die Gemeinschaft einschätzt*
Der Weltanschauungsbeauftragte der Diözese Würzburg, Jürgen Lohmayer,
reiht "Go&Change" ein in die vielen "sozial-utopischen
Lebensgemeinschaften", die sich in den letzten Jahren gegründet hätten.
Matthias Pöhlmann, Lohmayers Kollege in der evangelischen Kirche und
dort Sektenbeauftragter für ganz Bayern, warnt auf Nachfrage
eindringlich vor der Gruppe. Beide waren im März 2019 zusammen mit sechs
weiteren bayerischen Weltanschauungsbeauftragten in Lülsfeld, haben sich
ein Bild gemacht. "Alle waren freundlich und höflich", war Lohmayers
Eindruck. Wen die Besucher allerdings nicht zu Gesicht bekamen, war
K.K., und das, obwohl Lohmayer und Pöhlmann mehrfach nach ihm gefragt
hätten. Laut Lohmayer würden in der Gemeinschaft methodische Instrumente
aus dem Feld der Psychologie wie zum Beispiel "Integrale
Strukturaufstellungen mit Tiefenanalyse" eingesetzt, die hier jedoch
ohne anerkannte psychotherapeutische Qualifikation angewandt würden. Für
ihn ist "Go&Change" eine "Psychogruppe mit hohem Konfliktpotential". Er
sagt: "Gruppendynamische Prozesse, Leitungs- und Machtstrukturen,
Sozialkontrolle, totales Engagement, Trennung vom bisherigen sozialen
Umfeld" seien immer wieder Thema in den Beratungsgesprächen, die er mit
Aussteigern und Angehörigen geführt habe. "Man muss sich den
gruppendynamischen Zusammenhang so vorstellen", erläutert Lohmayer: "Je
mehr ich von einer Person weiß ? gerade auch in sexueller und
partnerschaftlicher Hinsicht ? umso mehr Macht gewinne ich über sie,
desto steuerbarer wird sie und desto verletzlicher wird sie
letztendlich." Nicht jede und nicht jeder soll diese Lebensweise laut
den Schilderungen der Aussteiger ausgehalten haben. Manche hätten
massive psychische Belastungen entwickelt. Sebastian Stark ist seit
Jahren in der sogenannten "Integralen Bewegung" aktiv, eine Szene, zu
der sich auch "Go&Change" rechnet. Er kennt auch K.K. und Krolle schon
lange, sei mehrfach in Lülsfeld gewesen. Er bestätigt im Gespräch mit
der Redaktion die Schilderungen der Aussteiger:Sex als "Behandlung",
Drogenmissbrauch und eine psychische und finanzielle Abhängigkeit der
Gemeinschaftsmitglieder. Er spricht von einer "permanenten totalitären
psychotherapieartigen Arbeit" im Kloster. Starks Einschätzung: "Da
werden Menschen kaputtgemacht, gleichgeschaltet und traumatisiert."
*In Lülsfeld ist die Stimmung schwer greifbar*
Jenseits der Klostermauern ist davon offenbar nichts zu spüren. Im Dorf
ist die Meinung zu "Go&Change" schwer greifbar. Zwar sprechen einige
nebulös von einem "heiklen Thema". Der Tenor lautet aber: "Das sind
nette Leute." Alt-Bürgermeister Anger lobt, die Mitglieder seien im
Fußballverein, der Musikkapelle und bei der Feuerwehr aktiv, hätten den
Chor wiederbelebt. Wie groß das Engagement tatsächlich ist, ist
allerdings fraglich: Hört man sich in Lülsfeld um, stößt man auf
geteilte Meinungen. Pfarrer Stefan Mai, Leiter der Pfarreiengemeinschaft
"St. Franziskus am Steigerwald", zu der auch Lülsfeld gehört, will sich
nicht zu "Go&Change" äußern. Auf Nachfrage sagt er, er befasse sich
nicht damit. "Kein Kommentar!" Zu den ehemaligen Bewohnerinnen, den
Erlöserschwestern, pflegt "Go&Change" laut eigener Aussage noch sehr
gute Kontakte; Bürgermeister Heinrichs bestätigt das. Eine Anfrage der
Redaktion lassen die Schwestern unbeantwortet. Die jetzigen
Klosterbewohner "mischen sich unter die Leute", sagt Rathauschef
Heinrichs. Tatsächlich wurde sogar mehrmals zum "Tag der offenen Tür"
ins Kloster geladen. Zuletzt hätten sie in der Corona-Krise unter
anderem angeboten, für Ältere einkaufen zu gehen, so Heinrichs weiter.
Für Polizist Nickels keine Überraschung. Es sei "keine Seltenheit,
sondern gängige Praxis", dass sich solche Gemeinschaften über Vereine,
Nachbarschaftshilfen oder Feste in das Dorfleben integrieren. Dabei
könne "häufig festgestellt werden, dass selbst sehr kritischen und
gefährlichen Gruppierungen der Einzug und die Akzeptanz in kleinen
Ortschaften gelingt".
*Zwei Todesfälle erschüttern die Gemeinschaft ? und führen zu einem
Strafbefehl*
Im Juni 2018 feiert "Go&Change" in Lülsfeld eine Hochzeit.
Alt-Bürgermeister Anger traut das Paar und schickt der Redaktion einen
kleinen Bericht samt Foto. Das Paar lächelt in die Kamera. Beide sind
heute nicht mehr bei "Go&Change", heißt es. Monate später bekommt das
Bild der heilen Welt, das "Go&Change" zumindest nach außen abgibt, tiefe
Kratzer. Im März 2019 fällt ein Einjähriger in einen Löschteich in der
Nähe des Klosters und stirbt später in einem Krankenhaus in München. Wie
sich herausstellt, war das Kind zu Besuch bei "Go&Change" und wurde von
Mitgliedern der Gemeinschaft beaufsichtigt. Wie die Staatsanwaltschaft
Schweinfurt auf Nachfrage mitteilt, sei "gegen drei Personen wegen
fahrlässiger Tötung ermittelt" worden. Inzwischen wurden gegen die
Beschuldigten Geldstrafen von 120 Tagessätzen verhängt, "die
Strafbefehle sind rechtskräftig". Bereits vier Wochen zuvor war ein
Säugling aus dem Umfeld von "Go&Change" bei einem Spaziergang gestorben.
Hier lag laut Staatsanwaltschaft "eine natürliche Todesursache" vor, ein
Verfahren wurde eingestellt.
*Jugendamt sieht keine Kindeswohlgefährdung*
Das zuständige Jugendamt in Schweinfurt hat sich seit März 2019 bei drei
angemeldeten und unangemeldeten Hausbesuchen ein Bild von der
Kinderbetreuung bei "Go&Change" gemacht. Man habe dabei "die
Gemeinschaft nochmals ausdrücklich" auf die Aufsichtspflichten
hingewiesen, die "den für die Kinderbetreuung verantwortlichen Personen
obliegen", heißt es auf Nachfrage. Anhaltspunkte für eine
Kindeswohlgefährdung habe man keine gefunden. Beim letzten Besuch des
Jugendamts in Lülsfeld, im November 2019, lebten laut der Behörde neun
Kinder im Kloster, eines davon im schulpflichtigen Alter. Es besuche
eine Waldorfschule. Krolles einstiger Weggefährte Stark hat bei seinen
Besuchen bei "Go&Change" einen anderen Eindruck gewonnen. Er habe eine
"mangelhafte Form der Kinderaufsicht" und eine fragwürdige Pädagogik
beobachtet: So sollen Mütter angehalten worden sein, ihre Kinder nicht
zu umarmen; Kinder, die Aufmerksamkeit einfordern, sollen von den
Klosterbewohnern nicht angeschaut werden dürfen; man sehe nicht nach
Kindern, die nachts weinen. Das deckt sich mit den Aussagen mehrerer
Aussteiger. Felix Krolle fragt dagegen, warum "weder Polizei noch
Jugendamt" tätig geworden und keine Anzeige erstattet worden sei,
"sollten wir rechtswidrig oder kindeswohlgefährdend gehandelt haben".
Vielmehr habe das Jugendamt das Betreuungskonzept von "Go&Change"
gelobt. Für die Gemeinschaft seien die Todesfälle "schwere
Schicksalsschläge" gewesen, "die fast zum Bruch geführt hätten", sagt
Bürgermeister Heinrichs heute. Sein Vorgänger Anger spricht von einer
"Zerreißprobe". Einige seien damals ausgezogen. "Die Spitze ist aber
geblieben." Anders die Frau von Ralf B.: Drei Monate nach ihrem Einzug
hat sie kapituliert. "Auf ihren Anruf, dass sie sofort raus will, habe
ich wochenlang gewartet", sagt Ralf B. Er sei sofort losgefahren.
*So lief die Recherche*
Es begann vor einigen Monaten mit einem Hintergrundgespräch bei Jürgen
Lohmayer, dem Weltanschauungsbeauftragten der Diözese Würzburg. Thema
waren angebliche Vorkommnisse in einer Gemeinschaft, die in der Nähe von
Gerolzhofen in einem ehemaligen Kloster lebt. Schnell war klar: Die
Redaktion wird tiefer in die Recherche einsteigen. Es folgten mehrere
Treffen mit Aussteigerinnen und Aussteigern. Die Gespräche dauerten
jeweils mehrere Stunden. Das Bedürfnis, über ihre Erfahrungen zu
berichten, war sehr groß. Wir fuhren nach Lülsfeld, um einen Eindruck
von dem gewaltigen Klosterkomplex zu gewinnen, hörten uns im Dorf um.
Wir erkundigten uns bei Staatsanwaltschaft, Polizei und Jugendamt, im
Rathaus, beim Pfarrer ? und schließlich bei "Go & Change" direkt.
Dennoch bleiben Fragen offen. Klar ist daher: Die Recherchen sind mit
diesem Bericht noch nicht zu Ende.
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Teil 3 - Bildanhang des Newsletters von Go&Change mit dem Hinweis auf das 3.Mal Kinderspace-Orga:
Teil 1 - Die Mail auf reflect!
Teil 2 - Der Artikel der mainpost von hinter der paywall
Teil 3 - Bildanhang des Newsletters von Go&Change mit dem Hinweis auf das 3.Mal Kinderspace-Orga
Teil 1 - Die Mail auf reflect!:
"Hallo in die Runde,
ich schreibe euch in der Annahme, dass einige von euch auf der Fusion
verkehren.
In den letzten Jahren war die Gemeinschaft "Go&Change" an der
Organisation des Kinderspace beteiligt. Über diese Gemeinschaft wurden
jetzt erschreckende Bericht veröffentlicht. Darin werden Gruppe sexuelle
Gewalt an Mitgliedern, der Zwang Drogen zu konsumieren und die totale
Kontrolle über das Sozialleben ihrer Mitglieder vorgeworfen.
Im Detail ist das alles hier nachzulesen.
https://www.mainpost.de/regional/schwei ... kommentare
https://www.br.de/nachrichten/bayern/ps ... er,RzniSE1
Im Anhang findet ihr noch den Newsletter von Go&Change in. dem sie
schrieben, dass sie seit jähren den Kinderpsace auf der Fusion
organisieren.
Ich denke die Vorwürfe gegenüber dieser Gruppe wiegen sehr sehr schwer
und die Fusion sollte sich zu der Kooperation mit dieser Gruppe äußern!
Liebe Grüße"
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Teil 2 - Der Artikel der Mainpost von hinter der Paywall:
*Psychodruck und sexualisierte Gewalt in ehemaligem Kloster?*
//Aussteiger erheben schwere Vorwürfe gegen eine Gemeinschaft namens
"Go&Change". Die sieht sich selbst als Opfer von Diffamierung. Was geht
in Lülsfeld (Lkr. Schweinfurt) vor sich?//
Friedlich liegt es da, das ehemalige Kloster "Maria Schnee" am Ortsrand
von Lülsfeld. Genauso friedlich wie der Rest der 826-Seelen-Gemeinde im
Landkreis Schweinfurt. Gepflegte fränkische Landidylle. Die Zeit scheint
hier still zu stehen wie die Uhr über dem Hauptportal des
spätklassizistischen Klosterbaus: kurz nach zwölf. Auf dem Parkplatz
stehen eine Handvoll Autos, sie tragen keine Kennzeichen mehr. Die Tore
zur Zufahrt des Klosters sind geöffnet. Abschottung sieht anders aus.
Und dennoch stellt sich die Frage, was hinter den Klostermauern
geschieht, seitdem die Würzburger Erlöserschwestern den Komplex vor gut
drei Jahren verkauft haben, die letzten Nonnen nach 129 Jahren aus- und
eine Gemeinschaft namens "Go&Change" eingezogen ist. Eine Gemeinschaft
ohne kirchlichen Hintergrund, die der Weltanschauungsbeauftragte der
Diözese Würzburg als "Psychogruppe mit hohem Konfliktpotential"
einstuft, die aber von sich selbst sagt, ihr "Leben der Ausrichtung auf
Liebe verschrieben" zu haben. In den vergangenen Monaten wenden sich
mehrere Frauen und Männer an die Redaktion: ehemalige Mitglieder von
"Go&Change". In der Gemeinschaft gebe es "Psychoterror" und
"Gehirnwäsche", berichten sie unabhängig voneinander. Sie erzählen von
alles kontrollierenden Anführern und sexualisierter Gewalt als
"Therapie". Besuch von Angehörigen sei meist nicht gerne gesehen. Fast
alle Aussteiger wollen anonym bleiben. Vor allem die Aussteigerinnen
haben große Angst. "Go&Change" sieht sich als Opfer Gedemütigt und
frustriert haben die Frauen und Männer "Go&Change" zu unterschiedlichen
Zeitpunkten den Rücken gekehrt. Erst jetzt ? teilweise mehr als ein Jahr
später ? können sie darüber reden, sagen sie. Seit sie ihr Leben wieder
einigermaßen im Griff haben. Sie möchten, dass bekannt wird, was sich
laut ihren Worten in der Gemeinschaft zugetragen hat ? damit andere ihre
Erfahrungen nicht machen müssten. Als Warnung. "Go&Change" spricht
hingegen davon, dass man schon häufiger Opfer verschiedener
"Diffamierungsversuche" gewesen sei. Man sieht sich als "Angriffs- und
Projektionsfläche des Ungerechtigkeitsempfindens" einzelner
hinausgeworfener Personen, heißt es in einer E-Mail an die Redaktion.
Mit anderen ehemaligen Mitgliedern habe man "nach wie vor einen guten
Kontakt". Laut Lülsfelds Bürgermeister Thomas Heinrichs leben von einst
rund 40 Personen heute noch 20 Erwachsene und einige Kinder in dem Kloster.
Rückblick: 2017 legen die neuen Bewohner von "Maria Schnee" einen
Bilderbuchstart in Lülsfeldhin. Im Februar gibt der damalige
Bürgermeister Wolfgang Anger bekannt, dass das Klosterverkauft ist.
Zuvor wurde es auf einer Immobilienplattform im Internet für 399 000
Euroangeboten. Wie die Gemeinschaft den Kauf finanzierte, teilt
"Go&Change" auf Anfrage nichtmit. Im März stellen Vertreter der
Gemeinschaft, deren Ursprung eine Wohngemeinschaft inHalle an der Saale
ist, im Gemeinderat ihre Pläne vor. Im April präsentiert man sich
denDorfbewohnern im Amtsblatt. Man wolle im Kloster ein "Forschungs-
undBegegnungszentrum" einrichten, in dem man "neue Arten des liebevollen
Miteinanders"praktizieren könne. Man wolle "Teil des Dorfes" werden und
dessen "Bewohner unterstützen,wo wir nur können". Fast wortgleich lobt
heute Alt-Bürgermeister Anger "Go&Change": "Sie haben sich sehr
gutintegriert und helfen, wo sie nur können." Neu-Bürgermeister
Heinrichs, auf dessenKommunalwahlliste zwei "Go&Change"-Mitglieder
standen, bestätigt: "Ich kann nichtsNegatives sagen, sie haben sich
nichts zu Schulden kommen lassen." Das Kloster,schreibt "Go&Change" in
einem "Exposé" an "liebe Freunde", solle zu einer Art Pilgerort füralle
kreativen und inspirierten Geister werden. Zu einer Begegnungsstätte, in
der Kunst,Wissenschaft, Heilarbeit, Meditation, Innovation,
Spiritualität und mehr ineinanderfließen.
*Ein vermeintlicher "Guru" an der Spitze*
Die Aussteiger zeichnen ein weniger positives Bild über ihr Leben
innerhalb der Klostermauern.Nach idealistischem Beginn habe sich eine
einschüchternde Atmosphäre der Angst entwickelt. Ein
Gemeinschaftsmitglied ? K.K. (Name der Redaktion bekannt) ? rückt in den
Schilderungenbesonders in den Fokus. Er habe sich immer mehr zum "Guru"
gewandelt und die Führung übernommen.
Die Frauen und Männer beschreiben unter anderem Gruppensitzungen im
großen Saal desKlosters, die meist am Abend und ohne Vorankündigung
stattgefunden hätten. Willkürlich habeK.K. dabei eine Person ausgewählt.
Persönlichkeit und Charaktereigenschaften dieser Personwürden dann von
den anderen über Stunden hinweg "gespiegelt". Im Fokus dabei:
die"Schatten", also die Eigenschaften, die noch im Dunkeln liegen
würden, die man verdrängt habeund anschauen müsse. Dieses Anschauen
durch die Gruppe wird von allen Aussteigern als "starkmanipulativ"
beschrieben. Eine Frau hat es als "gewaltsames Aufbrechen der
Persönlichkeit"erlebt. Es sei ein großer Druck aufgebaut worden. "Unsere
Persönlichkeit wurde instabiler,unser Ich löste sich immer mehr auf",
formuliert es eine andere Betroffene.
*Sexpraktiken als Therapie*
Die Aussteiger zeichnen ein weniger positives Bild über ihr Leben
innerhalb der Klostermauern.Nach idealistischem Beginn habe sich eine
einschüchternde Atmosphäre der Angst entwickelt.Ein
Gemeinschaftsmitglied ? K.K. (Name der Redaktion bekannt) ? rückt in den
Schilderungenbesonders in den Fokus. Er habe sich immer mehr zum "Guru"
gewandelt und die Führungübernommen.
Nach und nach tritt bei allen Gesprächen mit den Aussteigerinnen noch
ein weiterer Aspektzutage: "Sadomaso-Sex" sei ebenfalls Teil einer
"Therapie" von K.K., der sich laut Aussteigernselbst als "Heiler"
bezeichnet. Dabei soll die Persönlichkeit von ihren "Schatten"
kuriertwerden. Diese Art der "Behandlung" finde in einem "Sex-Raum" im
oberen Stockwerk von"Maria Schnee" statt. Die Frauen erzählen, dass
einige dabei Verletzungen erlitten hätten, eineFrau sogar sehr schwere
körperliche Verwundungen. Auf die Anfrage der Redaktion, was es mitden
beschriebenen Sex-Therapien auf sich habe, antwortet "Go&Change" nicht.
Das sei "unserePrivatsache", so Krolle. Dementiert wird der Vorwurf nicht.
*Warum wurden keine Anzeigen erstattet?*
Die Männer meinen, niemand sei zum Sex gezwungen worden. Dem entgegnet
eine Aussteigerin, dass keine Frau genau gewusst habe, was sie dort
erwartet hätte. Wenn jemand nicht mit wollte, sei sofort wieder "ein
riesiger Druck" aufgebaut worden. Es sei unterstellt worden, dass dies
als Weigerung zu verstehen sei, seine Entwicklung voranzubringen. Warum
ließen sich die Frauen "diese Therapie" dann doch gefallen? "Wir haben
uns ja alle danach gesehnt, glücklich und innerlich frei von Schatten zu
sein", erklärt eine der Betroffenen. Und warum haben sie keine Anzeige
erstattet? Schulterzucken und ein erschrockener Gesichtsausdruck. "Wir
wollen unser Leben weiterleben", sagen sie, "ohne Stress." Und weil es
"uns aussichtslos erscheint. Wir haben Angst, dass wir das, was wir uns
jetzt wieder aufgebaut haben, verlieren ? dass wir verfolgt werden."
Ein solches Verhalten scheint keine Seltenheit zu sein. "Für Aussteiger
ist es erfahrungsgemäß sehr schwierig, sich nach dem Erlebten zu öffnen
und Hilfe in Anspruch zu nehmen", sagt Stefan Nickels vom
Polizeipräsidium München. Er ist bayernweit der einzige Polizist, der
sich mit solchen Gemeinschaften befasst. "Oft spielen hier auch die
Sorge und Angst vor einer Verfolgung durch die Gruppe eine wesentliche
Rolle."
Von Gewalt im Kloster habe er "nie was mitbekommen", sagt
Ex-Bürgermeister Anger. "Ich kann es mir auch nicht vorstellen." Es gebe
zwar eine Hierarchie im Kloster, "aber wenn man 40 Personen unter einen
Hut bringen will, da braucht es Regeln, um eine solche Gruppe zu
führen", sagt er. Und: Alle im Kloster "haben diese Lebensform
freiwillig gewählt". Sein Nachfolger Heinrichs sagt: Keiner der
Ausgezogenen "ist zu uns gekommen und hat sich über 'Go&Change' beschwert".
*Was ein betroffenes Ehepaar über "Go&Change" erzählt*
Ralf B. ist der einzige Zeuge, der aus der völligen Anonymität
heraustritt ? "weil ich keine Angst habe". Der pensionierte
Justizvollzugsbeamte und seine Frau, eine Grafikerin, waren nach einem
sogenannten Kennenlernwochenende für Interessierte (aktuelle
Teilnahmegebühr 350 Euro) zunächst begeistert von "Go&Change". Das war
im Winter 2018. Sie traten der Gemeinschaft bei und verlegten ihren
Lebensmittelpunkt vom Rheinland nach Unterfranken, nur wenige Kilometer
von Lülsfeld entfernt. Ins Kloster zogen sie zunächst jedoch nicht. Sie
waren externe Mitglieder. Er suchte eher eine Alters-WG, sagt der
62-Jährige. Aber er hat die Gemeinschaft voll unterstützt. Auch
finanziell. Auch Ralf B. ist heute nicht mehr von "Go&Change"
begeistert. "Ich bin wütend!" Er redet, weil er möchte, dass "Menschen,
die genauso unbedarft da hingehen, erspart bleibt, was uns passiert
ist". Für ihn ist "Go&Change" eine "Sekte". Keine Gemeinschaft, sondern
eine gefährliche "Kommune".
*Frau ist in therapeutischer Behandlung*
Der Sinneswandel begann nach dem Einzug seiner Frau ins Kloster im April
2019. Als die heute45-Jährige aufgrund familiärer Schicksalsschläge
psychische Probleme entwickelt, habe sie die"Ruhe und Geborgenheit"
innerhalb der Gemeinschaft gesucht. "Wir kümmern uns um deineFrau",
hätten K.K. und andere ihm versprochen. Für Kost und Logis zahlte sie
monatlich rund600 Euro ? laut anderen Aussteigern der übliche Satz.Heute
bedauert Ralf B. sein Vertrauen, das er "Go&Change" entgegengebracht
hat. Erholt habesich seine Frau dort nicht. Im Gegenteil. "Sie ist durch
die Hölle gegangen", sagt Ralf B.; er hates mitverfolgt. Er traf seine
Frau während ihres Aufenthalts regelmäßig. Bis heute habe sie
dieErfahrungen innerhalb der Klostermauern nicht verarbeitet. Momentan
befindet sich die 45-Jährige in therapeutischer Behandlung.*Werden im
Kloster Drogen genommen?*
Ralf B. erzählt von Schlafentzug durch "Prozess-Nächte" mit
Gruppensitzungen und von massiven verbalen Beleidigungen seiner Frau
gegenüber. Sie habe ihrem Mann von einer Strichliste berichtet, in der
vermeintliche Verfehlungen einer Person gezählt worden seien. Von ihrer
Isolierung in einer speziellen Gruppe für "narzisstische Frauen" ? als
Strafmaßnahme. Und von finanzieller Kontrolle der Mitglieder. Drogen
sollen zudem im Spiel gewesen sein: LSD und Ecstasy. "Weil man durch sie
mehr von sich preis gibt", meint Ralf B. Die anderen Aussteigerinnen und
Aussteiger bestätigen das. Ralf B. habe zudem bei einem Besuch
beobachtet, dass Drogen bewusst eingesetzt und gezielt an Einzelne
ausgegeben worden seien. Ralf B. beschreibt, dass seine Frau die
Gruppensitzungen als Folter empfunden habe. "Danach ist man fertig",
sagt er. Manchmal habe die Runde die ganze Nacht gedauert. Ohne Schlaf
hätten alle wieder an die Arbeit gemusst, in der sie fest eingeteilt
seien: in Küche oder Garten, zum Spüldienst, zum Kochen, zum Putzen.
Andere konnten ihr handwerkliches Geschick einbringen.
*K.K. will nicht mit der Redaktion sprechen*
Kann das alles tatsächlich wahr sein? Mitten in der fränkischen Idylle
und nur durch die Klostermauern vor den Augen der Lülsfelder verborgen?
"Go&Change" selbst geht auf die Vorwürfe, mit der die Redaktion die
Gemeinschaft in E-Mails konfrontiert, nicht konkret ein. Auf
entsprechende Fragen unter anderem zu den Gruppensitzungen, dem
mutmaßlichen Drogenkonsum und dem Stellenwert von Frauen im Kloster,
antwortet Geschäftsführer Krolle zweideutig: "Ja, solche Sachen würden
wir nie tun; Nein, wir machen noch viel Schlimmeres; Wir haben gegen
keine Gesetze verstoßen und fordern unsere ehemaligen Mitglieder auf uns
anzuzeigen, wenn sie es anders sehen." Versuche der Redaktion, mit dem
vermeintlichen Guru "K.K." ins Gespräch zu kommen, laufen ins Leere.
K.K., schreibt Krolle, sei wie alle im Kloster "bereit im Rahmen
polizeilicher oder gerichtlicher Vernehmungen auszusagen" ? so es denn
dazu käme.
*Wie der Weltanschauungsbeauftragte des Bistums die Gemeinschaft einschätzt*
Der Weltanschauungsbeauftragte der Diözese Würzburg, Jürgen Lohmayer,
reiht "Go&Change" ein in die vielen "sozial-utopischen
Lebensgemeinschaften", die sich in den letzten Jahren gegründet hätten.
Matthias Pöhlmann, Lohmayers Kollege in der evangelischen Kirche und
dort Sektenbeauftragter für ganz Bayern, warnt auf Nachfrage
eindringlich vor der Gruppe. Beide waren im März 2019 zusammen mit sechs
weiteren bayerischen Weltanschauungsbeauftragten in Lülsfeld, haben sich
ein Bild gemacht. "Alle waren freundlich und höflich", war Lohmayers
Eindruck. Wen die Besucher allerdings nicht zu Gesicht bekamen, war
K.K., und das, obwohl Lohmayer und Pöhlmann mehrfach nach ihm gefragt
hätten. Laut Lohmayer würden in der Gemeinschaft methodische Instrumente
aus dem Feld der Psychologie wie zum Beispiel "Integrale
Strukturaufstellungen mit Tiefenanalyse" eingesetzt, die hier jedoch
ohne anerkannte psychotherapeutische Qualifikation angewandt würden. Für
ihn ist "Go&Change" eine "Psychogruppe mit hohem Konfliktpotential". Er
sagt: "Gruppendynamische Prozesse, Leitungs- und Machtstrukturen,
Sozialkontrolle, totales Engagement, Trennung vom bisherigen sozialen
Umfeld" seien immer wieder Thema in den Beratungsgesprächen, die er mit
Aussteigern und Angehörigen geführt habe. "Man muss sich den
gruppendynamischen Zusammenhang so vorstellen", erläutert Lohmayer: "Je
mehr ich von einer Person weiß ? gerade auch in sexueller und
partnerschaftlicher Hinsicht ? umso mehr Macht gewinne ich über sie,
desto steuerbarer wird sie und desto verletzlicher wird sie
letztendlich." Nicht jede und nicht jeder soll diese Lebensweise laut
den Schilderungen der Aussteiger ausgehalten haben. Manche hätten
massive psychische Belastungen entwickelt. Sebastian Stark ist seit
Jahren in der sogenannten "Integralen Bewegung" aktiv, eine Szene, zu
der sich auch "Go&Change" rechnet. Er kennt auch K.K. und Krolle schon
lange, sei mehrfach in Lülsfeld gewesen. Er bestätigt im Gespräch mit
der Redaktion die Schilderungen der Aussteiger:Sex als "Behandlung",
Drogenmissbrauch und eine psychische und finanzielle Abhängigkeit der
Gemeinschaftsmitglieder. Er spricht von einer "permanenten totalitären
psychotherapieartigen Arbeit" im Kloster. Starks Einschätzung: "Da
werden Menschen kaputtgemacht, gleichgeschaltet und traumatisiert."
*In Lülsfeld ist die Stimmung schwer greifbar*
Jenseits der Klostermauern ist davon offenbar nichts zu spüren. Im Dorf
ist die Meinung zu "Go&Change" schwer greifbar. Zwar sprechen einige
nebulös von einem "heiklen Thema". Der Tenor lautet aber: "Das sind
nette Leute." Alt-Bürgermeister Anger lobt, die Mitglieder seien im
Fußballverein, der Musikkapelle und bei der Feuerwehr aktiv, hätten den
Chor wiederbelebt. Wie groß das Engagement tatsächlich ist, ist
allerdings fraglich: Hört man sich in Lülsfeld um, stößt man auf
geteilte Meinungen. Pfarrer Stefan Mai, Leiter der Pfarreiengemeinschaft
"St. Franziskus am Steigerwald", zu der auch Lülsfeld gehört, will sich
nicht zu "Go&Change" äußern. Auf Nachfrage sagt er, er befasse sich
nicht damit. "Kein Kommentar!" Zu den ehemaligen Bewohnerinnen, den
Erlöserschwestern, pflegt "Go&Change" laut eigener Aussage noch sehr
gute Kontakte; Bürgermeister Heinrichs bestätigt das. Eine Anfrage der
Redaktion lassen die Schwestern unbeantwortet. Die jetzigen
Klosterbewohner "mischen sich unter die Leute", sagt Rathauschef
Heinrichs. Tatsächlich wurde sogar mehrmals zum "Tag der offenen Tür"
ins Kloster geladen. Zuletzt hätten sie in der Corona-Krise unter
anderem angeboten, für Ältere einkaufen zu gehen, so Heinrichs weiter.
Für Polizist Nickels keine Überraschung. Es sei "keine Seltenheit,
sondern gängige Praxis", dass sich solche Gemeinschaften über Vereine,
Nachbarschaftshilfen oder Feste in das Dorfleben integrieren. Dabei
könne "häufig festgestellt werden, dass selbst sehr kritischen und
gefährlichen Gruppierungen der Einzug und die Akzeptanz in kleinen
Ortschaften gelingt".
*Zwei Todesfälle erschüttern die Gemeinschaft ? und führen zu einem
Strafbefehl*
Im Juni 2018 feiert "Go&Change" in Lülsfeld eine Hochzeit.
Alt-Bürgermeister Anger traut das Paar und schickt der Redaktion einen
kleinen Bericht samt Foto. Das Paar lächelt in die Kamera. Beide sind
heute nicht mehr bei "Go&Change", heißt es. Monate später bekommt das
Bild der heilen Welt, das "Go&Change" zumindest nach außen abgibt, tiefe
Kratzer. Im März 2019 fällt ein Einjähriger in einen Löschteich in der
Nähe des Klosters und stirbt später in einem Krankenhaus in München. Wie
sich herausstellt, war das Kind zu Besuch bei "Go&Change" und wurde von
Mitgliedern der Gemeinschaft beaufsichtigt. Wie die Staatsanwaltschaft
Schweinfurt auf Nachfrage mitteilt, sei "gegen drei Personen wegen
fahrlässiger Tötung ermittelt" worden. Inzwischen wurden gegen die
Beschuldigten Geldstrafen von 120 Tagessätzen verhängt, "die
Strafbefehle sind rechtskräftig". Bereits vier Wochen zuvor war ein
Säugling aus dem Umfeld von "Go&Change" bei einem Spaziergang gestorben.
Hier lag laut Staatsanwaltschaft "eine natürliche Todesursache" vor, ein
Verfahren wurde eingestellt.
*Jugendamt sieht keine Kindeswohlgefährdung*
Das zuständige Jugendamt in Schweinfurt hat sich seit März 2019 bei drei
angemeldeten und unangemeldeten Hausbesuchen ein Bild von der
Kinderbetreuung bei "Go&Change" gemacht. Man habe dabei "die
Gemeinschaft nochmals ausdrücklich" auf die Aufsichtspflichten
hingewiesen, die "den für die Kinderbetreuung verantwortlichen Personen
obliegen", heißt es auf Nachfrage. Anhaltspunkte für eine
Kindeswohlgefährdung habe man keine gefunden. Beim letzten Besuch des
Jugendamts in Lülsfeld, im November 2019, lebten laut der Behörde neun
Kinder im Kloster, eines davon im schulpflichtigen Alter. Es besuche
eine Waldorfschule. Krolles einstiger Weggefährte Stark hat bei seinen
Besuchen bei "Go&Change" einen anderen Eindruck gewonnen. Er habe eine
"mangelhafte Form der Kinderaufsicht" und eine fragwürdige Pädagogik
beobachtet: So sollen Mütter angehalten worden sein, ihre Kinder nicht
zu umarmen; Kinder, die Aufmerksamkeit einfordern, sollen von den
Klosterbewohnern nicht angeschaut werden dürfen; man sehe nicht nach
Kindern, die nachts weinen. Das deckt sich mit den Aussagen mehrerer
Aussteiger. Felix Krolle fragt dagegen, warum "weder Polizei noch
Jugendamt" tätig geworden und keine Anzeige erstattet worden sei,
"sollten wir rechtswidrig oder kindeswohlgefährdend gehandelt haben".
Vielmehr habe das Jugendamt das Betreuungskonzept von "Go&Change"
gelobt. Für die Gemeinschaft seien die Todesfälle "schwere
Schicksalsschläge" gewesen, "die fast zum Bruch geführt hätten", sagt
Bürgermeister Heinrichs heute. Sein Vorgänger Anger spricht von einer
"Zerreißprobe". Einige seien damals ausgezogen. "Die Spitze ist aber
geblieben." Anders die Frau von Ralf B.: Drei Monate nach ihrem Einzug
hat sie kapituliert. "Auf ihren Anruf, dass sie sofort raus will, habe
ich wochenlang gewartet", sagt Ralf B. Er sei sofort losgefahren.
*So lief die Recherche*
Es begann vor einigen Monaten mit einem Hintergrundgespräch bei Jürgen
Lohmayer, dem Weltanschauungsbeauftragten der Diözese Würzburg. Thema
waren angebliche Vorkommnisse in einer Gemeinschaft, die in der Nähe von
Gerolzhofen in einem ehemaligen Kloster lebt. Schnell war klar: Die
Redaktion wird tiefer in die Recherche einsteigen. Es folgten mehrere
Treffen mit Aussteigerinnen und Aussteigern. Die Gespräche dauerten
jeweils mehrere Stunden. Das Bedürfnis, über ihre Erfahrungen zu
berichten, war sehr groß. Wir fuhren nach Lülsfeld, um einen Eindruck
von dem gewaltigen Klosterkomplex zu gewinnen, hörten uns im Dorf um.
Wir erkundigten uns bei Staatsanwaltschaft, Polizei und Jugendamt, im
Rathaus, beim Pfarrer ? und schließlich bei "Go & Change" direkt.
Dennoch bleiben Fragen offen. Klar ist daher: Die Recherchen sind mit
diesem Bericht noch nicht zu Ende.
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Teil 3 - Bildanhang des Newsletters von Go&Change mit dem Hinweis auf das 3.Mal Kinderspace-Orga: