Ich muss sagen, dass ich in gewissen Rahmen für beide Seiten Verständnis habe, mir aber auch beide Seiten hier stark übers Ziel hinausstoßen und Teils recht dogmatische und einseitige Positionen äußern. Klar, die Aufforderung, ein eigenes Festival zu starten ist kein Argument, aber genauso sind persönliche Angriffe, Guilt by Association, generell ein "assozial und unsolidarisch" oft auch nicht sonderlich argumentativ. Klar, manche Gegenargumente kamen dann sogar auch aus der Querdenkerecke
Ich denke, die Diskussion wurde teils hitzig weil Masken auf Tanzflächen gefordert wurden und Leuten, die nicht motiviert sind auf zb Indoorflors welche zu tragen schnell persönliche Vorwürfe gemacht wurden. Ich denke nicht, dass derartige Vorwürfe zielführrend oder gerechtfertigt sind.
Jedoch gibt es pragmatische, sinnvolle vorschläge, die ernstgenommen werden sollten. Ein Testzertifikat vorzuzeigen gestaltet sich ähnlich wie den Perso und ist so gesehen ohne weiteres umsetzbar, und könnte als Forderung doch ein Kompromiss für viele Diskussionsteilnehmer:Innen sein - so wie es auch an sämtlichen Türen zuvor funktioniert hat. Mir ist da schon etwas unklar, wieso der Kuko diese Maßnahme nicht ergriffen hat. Auch die Maskenpflicht in den Shuttles konsequenter umzusetzen hätte vermutlich mehr gebracht als manche denken. Einige Infizierte hätten sicher rausgefiltert werden können, und gerade Infektionen bei der Anreise, die dann wiederrum auf dem Festival infektiös werden reduzieren. Jedoch muss man natürlich auch die Zahlen bei der Fusion mit der generellen 7 Tages Inzidenz, und das dort eben viele Menschen auf gewissem Raum waren, betrachten. Zusätzlich könnte man wie mit dem Müllpfand eine Aktion für einen "Auffrischungstest" haben, den Leute irgendwann auf dem Festival machen sollen. So erwischt man nochmal eine gute Zahl Menschen. Dann ein paar Coronatransport-shuttles einplanen und die Leute dann falls nötig abseits von Stoßzeiten zu Zügen transportieren und mit FFP2 Masken austatten, klingt erstmal alles umsetzbar, wenn auch evtl teuer.
Bei der Maskenpflicht muss ich jedoch manchen Gegenargumenten zustimmen.
Zur Gefährlichkeit
Auch wenn es garnicht so leicht ist dazu Studien zu finden, die genannte Fallsterberate bei Omikron um die 0,1% auf die Gesamtbevölkerung erscheint relativ akkurat. Hierbei dürfte es sich auch wirklich um die Fallsterblichkeit handeln (quelle, OurWorldInData, Moving-average case fatality rate of COVID-19, beruhend auf john hopkins daten). Die Infektionssterberate dürfte nochmal deutlich darunter liegen. Wenn man sich dann die Sterberaten auf Altergruppe, bei Geimpft/Ungeimpft und die Demographie bei der Fusion anschaut, bekommt man schon eine grobe Vorstellung, um welche Größenordnung es sich hier handelt.
Viele Personen in vulnerablen Gruppen, die ansonsten auf die Fusion gehen können (sprich nicht zu gefährdet von anderen Maßnahmen wären oder auch bei sehr intensiven Maßnahmen wie AHA+L überall noch gefährdet wären)können geimpft und geboostert werden. Die Gruppe von Fusionist:Innen, die stark gefährdet werden, auch durch regelmäßiges boostern keinen ausreichenden Schutz erlangen können, noch nicht in letzter Zeit durch Omicron gewissen Schutz erlangt haben und ansonsten gesund genug sind um sich den sonstigen Risiken der Fusion auszusetzen, und dann aber dann nur mit Maskenvorschrift ins Lufstschloss oder andere vollen Indoorfloors gehen können, dürfte sehr gering sein. Letztendlich sprechen wir hier von Menschen, die Beispielsweise leider sich auch beim Einkaufen, Essen gehen, in Bars etc. mit unmaskierten Mitmenschen Risiken aussetzen müssen, und für die in aller Regel auch andere Krankheiten eine Gefahr darstellen können. Dementsprechend bewegen wir uns bei der Debatte relativ entfernt von jeglichen Standards und auch gesellschaftlichen Einstellungen zum Thema Corona, es wird also gefordert, dass auf der Fusion als großes Festival mit vielen Leuten, viel Party, Rausch und langen Nächten, deutlich strengere Standards umgesetzt werden sollen als auf sämtlichen anderen Veranstaltungen und an sämtlichen anderen Orten. Das finde ich im Bezug auf die Maskenpflicht für ein Festival mit 70.000+ Menschen, auf dem getanzt, geschrien, gelacht und viel interagiert wird nicht wirklich passend. Die betroffenen Personen brauchen generell in ihrem alltäglichem Leben Zugang zu vielen wichtigen Dingen, ich bezweifle, dass eine Fusion mit insgesamt sehr strengen Auflagen, aber bei der die Leute sich bei Anreise, im Supermarkt, und natürlich beim Feiern drinne auch trotz Maskenpflicht zwangsläufig Risiken aussetzen werden der richtige Ort ist, um starke Barrierefreiheit für hochgefährdete Gruppen zu bieten. Ich glaube es wird einfach zur Realität gehören, dass es manche Räume gibt, die für sehr gefährdete Gruppen nicht sicher sind, weil die Natur der Sache und die Krankheit der Person nur mit signifikanten Abstreichen für die sonstigen Gäste, und dann auch nur mit begrenztem erfolg, umzusetzen sind.
Darüber hinaus stellt sich die Frage der Praktikabilität und Verhältnismäßigkeit - Inklusion und Barrierefreiheit sind sehr wichtige Werte, aber ab einem gewissen Punkt stellt sich generell einfach immer die Frage, wie weit man bei dem Thema geht. Es wird bereits aktuell bestimmte Erkrankungen, sehr spezifische Konditionen (Epilepsie und manche Beleuchtungen zb., oder Agoraphobie, Blindheit, Hochsensibilität) und weiteres geben, wo die Betroffenen selber Vorkehrungen treffen, oder ihre Freizeitaktivitäten entsprechend planen müssen. Generell ist die Fusion schon die Art von Event, wo auch ein gewisser Pragmatismus bei dingen wie Barrierefreiheit notwendig ist. Eine Maskenpflicht in allen Indoorbereichen(also fast das Ganze Programm Mittwochs und Sonntag Nachts), oder sogar allen Menschenmassen (effektiv auf allen Floors) erscheint mir da einfach nicht gegeben. Das ist mMn analog dazu, dass bereits momentan nicht aufgrund von möglichen sensiblen epileptischen Gästen, oder Agoraphobischen Gästen keine massiven Anpassungen vorfallen. Die unangenehme Schlussfolgerung scheint dann zu sein, dass man Barrierefreiheit und Solidarität mit bestimmten Gruppen hoch priorisieren sollte, aber nicht immer über alle anderen Interessen oder Werte stellen muss. Ich denke, dass das quasi überall bereits so gehandhabt wird und wurde, auch auf der Fusion und in realistischen Utopien.
Dazu kann man sich ein simples Szenario vorstellen: Man stelle sich vor, es gebe eine seltene Erkrankung, bei der die Leute von jeglicher bunter Kleidung, und jeglichem buntem Licht starke Symptome bekommen. Von dieser Gruppe würden ungefähr 2 Personen auf die Fusion kommen, wenn es eine Vorschrift für ausschließlich Farblose Kleidung und keine bunten Lichter gäbe. Beides wäre umsetzbar, und es wäre prinzipiell möglich, weiterhin eine spaßige Party zu haben. Jedoch erscheint es mir absurd, dass die Maßnahme durch die Umstände und Solidarität gerechtfertigt wird, und ich denke nicht dass eine solche Haltung etwas mit einer Assozialen Grundhaltung zu tun hat. Es geht daher bei Dingen wie einer Maskenpflicht auf Floors eher um die Verhältnismäßigkeit, den Pragmatismus, die Frage ob das Problem groß genug ist, dass wir uns zum Feiern mit Maske motivieren und auch den Zukunftsausblick, derartige Einwänden können nicht automatisch mit "unsolidarisch" oder "assozial" abgetan werden. Ich finde aber trotzdem, dass sehr sinnvolle Vorschläge wie das Vermeiden überfüllter Innenfloors, bessere Lüftung, Testsystem etc doch ohne große Probleme umgesetzt werden könnte