Wunderschöne Fusion aber teils fragwürdige Besucher*innen

buntesetwas
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Re: Wunderschöne Fusion aber teils fragwürdige Besucher*innen

Beitrag von buntesetwas »

rattentatten hat geschrieben: Mo 3. Jul 2023, 17:05 Während weiße Menschen mit Dreads keine Repressalien erfahren, ist das bei PoCs anders.
Das glaubst du doch selbst nicht. Leute mit Dreads kommen auch wenn sie weiß sind, häufiger in Kontrollen, werden negativer beäugt/behandelt als ich mit Glatze, sei es bei der Jobwahl, Wohnungssuche, etc.
Ansonsten gab es Dreadlocks schon früher im europäischen Raum unter anderem Namen. Dass das Thema in den USA ge

So wie das Thema kulturelle Aneignung im allgemeinen behandelt wird, kann ich es in Teilen überhaupt nicht nachvollziehen. Dass man schwarze Darsteller damals durch weiße mit blackfacing ersetzte, weil man schwarze ausgrenzte und diese dadurch vom Wohlstand fernhielt oder z.B. berühmte Bluesmusiker erstmal weiß waren und mit "gestohlener" Musik reich und idiolisiert wurden, kann ich nachvollziehen.
Aber meistens dreht sich das Thema darum, wer darf was tragen/machen. Darf ich einen Kilt tragen, ein Mandala malen, eine Sitar spielen, indisch kochen, Dreads tragen etc? Und warum wird das als Angriff gesehen und nicht als Zeichen von Anerkennung?

Ebenso bei Federschmuck. Ja Europäer haben einen Genozid an den Menschen verübt. Aber nicht die, die diesen auf der Fusion tragen. Höchstwahrscheinlich ist das den Leuten auch bewusst und hätten eventuell damals sogar etwas dagegen unternommen. Die Motivation diesen zu tragen ist eventuell ein positives und drückt doch erst einmal Anerkennung/Solidarität und keine Verhöhnung aus.

Also solange keine Benachteiligung anderer Menschen durch das Tragen eines Schmuckes oder das Spielen einer Musik entsteht, wo ist das Problem?

Entsteht eine funktionierende multikulturelle Gesellschaft nicht immer durch Austausch mit Menschen aus anderen kulturellen Kreisen oder sollen wir uns gegenseitig fernbleiben und parallel nebeneinader Leben ohne seine guten Seiten zu teilen?
Zuletzt geändert von buntesetwas am Mo 3. Jul 2023, 18:29, insgesamt 2-mal geändert.
EliteKlabauter
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Re: Wunderschöne Fusion aber teils fragwürdige Besucher*innen

Beitrag von EliteKlabauter »

Wer bestimmt was kulturelle Aneignung ist und was nicht ?
Mir ging gerade das Thema Tattoos durch den Kopf. Es ist nicht genau belegbar woher sie kommen. Gleiches gilt auch für alle anderen Dinge die schon existieren. Ich würde ehr mal den Gedanken einbringen wie egoistisch man sein kann wenn man beispielsweise aus Mexico kommt und dann anderen versucht zu verbieten einen Sombrero zu tragen.

Die zweite Sache, was ist wenn eine Person aus einer bestimmten Kultur es scheiße findet was der andere trägt und neun weitere Personen es toll finden ?

Vielleicht sollten wir alle dran denken das wir nur mit Wasser kochen und uns nicht so Ernst nehmen. Genau durch dieses Ernst nehmen der eigenen Kultur, Person, Identifikation führt in meinen Augen zu Trennung. Gerade bei den immer wieder schönen Sprüchen jeder Mensch ist gleich verstehe ich die Diskussion um Einzelpersonen denen man es Recht machen will nicht.

Ich würde es gern verstehen, es verstößt jedoch stark gegen meinen Gerechtigkeitssinn. Und ich würde sogar sagen, wenn sich eine Person gestört fühlt und zwei weitere nicht, dann sollte die Person mit dem Problem Ihr Problem begraben oder die Situation verlassen.

Andere erfirschende Meinungen sind gern gesehen. :D
rattentatten
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Re: Wunderschöne Fusion aber teils fragwürdige Besucher*innen

Beitrag von rattentatten »

buntesetwas hat geschrieben: Mo 3. Jul 2023, 17:46 Das glaubst du doch selbst nicht. Leute mit Dreads kommen auch wenn sie weiß sind, häufiger in Kontrollen, werden negativer beäugt/behandelt als ich mit Glatze, sei es bei der Jobwahl, Wohnungssuche, etc.
Ansonsten gab es Dreadlocks schon früher im europäischen Raum unter anderem Namen.
Ja, aber e.g., Melanie, 25, weiß, Dreads, bekommt einen Job und wird nicht rassistisch diskriminiert. Eine Person, die den Rastafari zugehört und eben dies aus Kultur (eben nicht Feierkultur) trägt, kann sich das nicht aussuchen und wird ggf. diskriminiert.

und zu deinem zweiten Argument: Ja und auf diese Kultur beziehen wir uns damit, ja? Nein, der Bezug ist zu 99% diese mystische Rastafarikultur, light up, die aber real und unter Tode gekämpft haben. Würdest du als Deutscher dann auch eine Bekleidung der Herero anziehen? Get it?
buntesetwas hat geschrieben: Mo 3. Jul 2023, 17:46 Aber meistens dreht sich das Thema darum, wer darf was tragen/machen. Darf ich einen Kilt tragen, ein Mandala malen, eine Sitar spielen, indisch kochen, Dreads tragen etc? Und warum wird das als Angriff gesehen und nicht als Zeichen von Anerkennung?
Cuz whitepeople are the problem in der Kolonialisierung. Und deswegen sollten wir uns zurückhalten mit dem Aneignen. Hör dir mal Nashi44 - Nails, Lashes, Bubble Tea an. Beschreibt genau das und sollte dir helfen, die Perspektive der Anderen zu verstehen.

Edit: Höre das ganze Album, Virus in der DNA und Suck on my spring roll fassen es auch gut zusammen.
buntesetwas hat geschrieben: Mo 3. Jul 2023, 17:46 Ebenso bei Federschmuck. Ja Europäer haben einen Genozid an den Menschen verübt. Aber nicht die, die diesen auf der Fusion tragen. Höchstwahrscheinlich ist das den Leuten auch bewusst und hätten eventuell damals sogar etwas dagegen unternommen. Die Motivation diesen zu tragen ist eventuell ein positives und drückt doch erst einmal Anerkennung und keine Verhöhnung aus.
Hier schaut mich an, wie cool ich mit meinem Kopfschmuck für 25 Eur aussehe. Das ist cool, weil das die Wilden immer getragen haben. So auf spirituell angelehnt.

Es ist schwierig, das mit etwas zu vergleichen (weil honestly meine Almankultur keine religiösen oder Kultursymbole hat), aber ja, surprise Native American Communities finden das nicht lustig.

Noch ein edit: Gerade dieses Spannende an anderen Kulturen (Farben, Muster, Stoffe, Dreads, Kopfschmuck) ist ja ein essenzieller Teil des Bildes der Wilden, welches als Argument genutzt wurde, die Aufklärung in der Kolonialisierung auszusetzen. Und in der jetzigen Individualismuskultur ist diese Säule der Ausbeutung auf einmal cool. Siehe dazu Exterminate All the Brutes Doku von Raoul Peck.
buntesetwas hat geschrieben: Mo 3. Jul 2023, 17:46 Also solange keine Benachteiligung anderer Menschen durch das Tragen eines Schmuckes oder das Spielen einer Musik entsteht, wo ist das Problem?


Weil unser Kulturkreis eben der dominate ist und wir im Zweifelsfall Muster aus dem 19 Jh. reproduzieren. Edit: Und eben diese Kulturen ja auch keine Stimme im Diskurs haben. Jemand der einen Kopfschmuck von Native Americans trägt, hat wahrscheinlich keine aktiven Consent dieser Kultur eingeholt, oder?
Entsteht eine Multikulturelle Gesellschaft nicht immer durch Austausch mit Menschen aus anderen kulturellen Kreisen oder sollen wir uns gegenseitig fernbleiben und parallel nebeneinader Leben ohne seine guten Seiten zu teilen?
Ja, multikulturelle Gesellschaften entstehen durch Aneignungen und dies ist auch ein sehr lang bestehender Prozess. Aber es geht um Respekt (Wer bringt was ein), Symbolik (welche Teile einer Kultur) und gleichzeitiger Stake der Kulturen. Bob Marley hören - gerne. Dreads - vielleicht mal mit Betroffenen vorher drüber sprechen.
buntesetwas
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Re: Wunderschöne Fusion aber teils fragwürdige Besucher*innen

Beitrag von buntesetwas »

Deine Argumente finde ich gerade nicht sehr überzeugend, weil sie von ausgedachten Theorien ausgehen, um den Standpunkt darzulegen. Z.B. das hier
Hier schaut mich an, wie cool ich mit meinem Kopfschmuck für 25 Eur aussehe. Das ist cool, weil das die Wilden immer getragen haben. So auf spirituell angelehnt.
Ist doch einfach nur ein Vorurteil. Woher weißt du warum die Person diesen Schmuck trägt und dass sie Natives als "wild" und "exotisch" betrachtet?
Ja, aber e.g., Melanie, 25, weiß, Dreads, bekommt einen Job und wird nicht rassistisch diskriminiert. Eine Person, die den Rastafari zugehört und eben dies aus Kultur (eben nicht Feierkultur) trägt, kann sich das nicht aussuchen und wird ggf. diskriminiert.
Und was kann Melanie dafür, dass sie zur "Strafe" ihre Frisur ändern muss? Bei diesem Beispiel sind dann auch nicht die Dreads der Grund, sondern die Hautfarbe. Die Ausgangslage ist ja, dass Melanie ebenso Benachteiligungen auf Grund der Dreads erfährt (und das ist in vielen Jobs oder der Wohnungssuche immernoch so, genauso bei Polizeikontrollen). Mit dem Unterschied, dass Melanie ihre Frisur ändern kann und dann keine Benachteiligung mehr erfährt. Aber deswegen soll sie Dreads garnicht erst tragen dürfen? Das ergibt keinen Sinn für mich. Da sollten wir lieber daran arbeiten, dass die Rastafariperson nicht mehr diskriminiert wird, als über Melanies Frisur zu diskutieren. Genau das meinte ich, dass beim diesem Thema viel zu viel Wert auf z.B. Frisuren gelegt werden, dabei ist das eigentliche Problem Rassismus, den man nicht bekämpft in dem man Frisuren nur bestimmten Personengruppen erlaubt.

Aber ich höre mir gerne mal Nashi44 an und schaue die Doku. Vielleicht verstehe ich es dann besser.
Hans-hansen
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Re: Wunderschöne Fusion aber teils fragwürdige Besucher*innen

Beitrag von Hans-hansen »

Rattentatten, in Bezug auf die Awareness geb ich Dir vollkommen recht, ich wollte auch nicht verharmlosen und natürlich sollte man bei all seinen Handlungen ein reflektiertes Bewusstsein an den Tag legen und natürlich sollte die Fusion auch kein Ort für kulturelle Aneignung/ rassistische Verkleidung und zoophile Zepter sein. Doch in der Annahme, dass der Mensch grundsätzlich „gut“ ist, gibt es für mich drei Interpretationsmöglichkeiten:
  1. Der Kopfschmuckträger stammt aus dem hiesigen Kulturkreis und ist mit der bereits erwähnten, auch wenn unreflektierten, scherzhaft gemeinten Verkleidungspraktik des Federntragens sozialisiert worden, findet dies als Erwachsener cool, wild etc. und niemand hat ihn bisher aufgeklärt.
  2. Der Kopfschmuckträger ist sich seiner Handlung bewusst und möchte an einem Ort wie der Fusion eine Reaktion provozieren bzw. eine Diskussion anstossen, weil er eine nicht rassistische o. nicht menschenverachtende Haltung dazu hat und an der Fusion auf einen Diskussionspartner hofft.
  3. Der Kopfschmuckträger hat in Bezug auf indigene Völker tatsächlich eine rassistische Haltung und zeigt den Disrespect gegenüber diesem Kulturkreis durch seine „Verkleidungspraktik“.
Für die Fälle 1 und 2 (2 auch wenn moralisch verwerflich) wäre das Gespräch der sinnvollste Weg gewesen, denn meiner Meinung nach erreicht man dabei die Person am ehesten und kommt seinem ganz persönlichen Bildungsauftrag nach. Dies ist imho bei fast all diesen Themen der Fall. Denn eine Arroganz gegenüber dem Anderen aufgrund nicht vorhandener Awareness zerstört jegliches Entwicklungspotential.
Eine bösartige Absicht vorausgesetzt, macht den Fall 3 für eine Diskussion zur Herausforderung, doch auch hier wäre es ein Versuch wert gewesen, aber ohne Common Ground wäre diese zugegebener Massen fast aussichtslos und die besagte Person hat dann wirklich nichts auf der Fusion zu suchen.
Ein Post im Forum hilft einer spannenden Diskussion auf die Beine, wie gerade die letzten Beiträge zeigen, verfehlt aber das Ziel einer aufgeklärten Besucherschaft und so ggf. auch das einer besseren Gesellschaft.

Du sagst ja selbst, man soll in keine Grundsatzdiskussion verfallen, genau das war auch der Ausgangspunkt meines Beitrages. Denn die Erstellung des Threads mit der „Empörung“ - ich weiss schreckliches Wort - als Hauptthema hilft leider nur uns, doch nicht dem Federträger, ausser er liest vielleicht mit.

N.B.
Die Anstellung einer PoC wird leider in den meisten Fällen nicht durch das Vorhandensein von Dreadlocks verhindert, sondern durch einen generellen Rassismus und ob Melanie ohne Dreadlocks in der Awaltskanzlei bessere Chancen hat, weiss auch keiner.
rattentatten
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Re: Wunderschöne Fusion aber teils fragwürdige Besucher*innen

Beitrag von rattentatten »

buntesetwas hat geschrieben: Mo 3. Jul 2023, 18:51 Deine Argumente finde ich gerade nicht sehr überzeugend, weil sie von ausgedachten Theorien ausgehen, um den Standpunkt darzulegen. Z.B. das hier
Der unten stehende Teil ist ein satirischer Kommentar gewesen. Weniger als Theorie, da gibt es ja sehr umfassende Abhandlungen. Ich würde aber gerne Lars Distelhorst: „Kulturelle Aneignung“ als Lektüre noch einwerfen.

Ich gestehe jeder Person auch Fehler ein, ich kritisiere nicht die Person per se, aber eben genau diesen Verhaltenspunkt.
buntesetwas hat geschrieben: Mo 3. Jul 2023, 18:51
Hier schaut mich an, wie cool ich mit meinem Kopfschmuck für 25 Eur aussehe. Das ist cool, weil das die Wilden immer getragen haben. So auf spirituell angelehnt.
Ist doch einfach nur ein Vorurteil. Woher weißt du warum die Person diesen Schmuck trägt und dass sie Natives als "wild" und "exotisch" betrachtet?
Ich mache gerne nächstes Jahr ne Umfrage, die aktiven Consent der Kulturkreise, Wissen über die jeweilige Geschichte, Kaufpreis und Intention abfragt. Ansonsten entschuldige ich mich für meine Polemik.
buntesetwas hat geschrieben: Mo 3. Jul 2023, 18:51 Und was kann Melanie dafür, dass sie zur "Strafe" ihre Frisur ändern muss? Bei diesem Beispiel sind dann auch nicht die Dreads der Grund, sondern die Hautfarbe.

Aber ich höre mir gerne mal Nashi44 an und schaue die Doku. Vielleicht verstehe ich es dann besser.
Vielleicht noch zwei Punkte:
1.) Es geht nicht um Strafe und Verbote, sondern um Aufklärung und Awareness. Ich gehe jetzt auch nicht hin und reiße jemanden den Kopfschmuck vom Kopf. Aber ich sage etwas. Sympathisch wird die Person dadurch auch nicht.

Ich lasse hier auch mal einen Shoutout an alle Kapitänsmützen-tragenden Menschen beim Feiern da: Was los mit Eurem ästhetischen Empfinden? Seid ihr auf einem Boot?

2.) Einfach weil es passt, noch die Keylyrics aus dem Lied:
"Du setzt es auf, legst ab, so wie es für Dich gerade passt - Du bist boring as fuck im real life, wärst lieber ein Teil des Asia-Hypes, kein Problem gönn dir einfach Festivalstyle, Federschmuck, Foxy Eyes. Für die Backstory hast du gerade keine Zeit, kein Problem such dir aus was du likest. Skip den Anti-Asian/Racism-Scheiß und gratuliere und auf einmal bist Du geil."

Gerade in der Mode und Frisuren geht es darum sich ein also schön/cool/hip empfundenes Aussehen einfach anzulegen, um eine Netcoolnessinflux zu haben. Wenn es dann in ein paar Jahren Out ist, lass’ ich das einfach wieder. Klar denkt nicht jeder Mensch mit Rastas so, vielleicht gibt es sogar solche, die das als Solidarität tragen. Aber just for the style sollte man einfach lassen. Je mehr es machen, desto cooler, desto entfernter von der Kultur wäre eine solche Denkrichtung. Kocht doch einfach lieber oder lest die Literatur des Kulturkreises.

Letztlich habe ich leider diese Diskussion auch schon tausendmal geführt und es entsteht der Eindruck von verhärteten Fronten. Ergo ich glaube, ich bin auch zu emotional bei dem Thema und kein guter Gesprächspartner mehr.

Während einige die "TikToK-Raver:innen" kritisieren und damit ja viele junge Menschen meinen, begrüße ich, dass diese kaum die oben genannten Aneignungen macht, sondern sich eher der 2000er Raveculture bedient. Gerne, mein Concordefriseur ist Eure.
bemaltehosen
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Re: Wunderschöne Fusion aber teils fragwürdige Besucher*innen

Beitrag von bemaltehosen »

Hans-hansen hat geschrieben: Mo 3. Jul 2023, 19:22
Ein Post im Forum hilft einer spannenden Diskussion auf die Beine, wie gerade die letzten Beiträge zeigen, verfehlt aber das Ziel einer aufgeklärten Besucherschaft und so ggf. auch das einer besseren Gesellschaft.
Unreflektiertes Reproduzieren von rassistischen und/oder kolonialistischen Praktiken tut das aber leider auch nicht. Versteh mich nicht falsch, ich finde es auch nicht sinnvoll, Verbote zu fordern oder Ähnliches, und in einer idealen Gesellschaft gibt es derart strikte Abgrenzungen von Kulturen nicht. Dennoch finde ich es nachvollziehbar, wenn betroffene Menschen sich über Rastas, Federkopfschmuck oder andere Dinge beschweren, gerade weil das häufig von Menschen getragen wird, die sich selten über die geschichtlichen Hintergründe informiert haben, und sehe es auch als unsere Aufgabe, das an diese Menschen weiterzutragen. Damit erreicht man vielleicht nicht unbedingt die 2 Menschen, die TE meinte, aber eine Menge anderer.

Trotzdem stimmt es, dass persönliche Gespräche in dem Fall vermutlich besser helfen. Ist beim Feiern manchmal leider nur etwas schwierig.
buntesetwas
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Re: Wunderschöne Fusion aber teils fragwürdige Besucher*innen

Beitrag von buntesetwas »

Hans-hansen hat geschrieben: Mo 3. Jul 2023, 19:22
  1. Der Kopfschmuckträger stammt aus dem hiesigen Kulturkreis und ist mit der bereits erwähnten, auch wenn unreflektierten, scherzhaft gemeinten Verkleidungspraktik des Federntragens sozialisiert worden, findet dies als Erwachsener cool, wild etc. und niemand hat ihn bisher aufgeklärt.
  2. Der Kopfschmuckträger ist sich seiner Handlung bewusst und möchte an einem Ort wie der Fusion eine Reaktion provozieren bzw. eine Diskussion anstossen, weil er eine nicht rassistische o. nicht menschenverachtende Haltung dazu hat und an der Fusion auf einen Diskussionspartner hofft.
  3. Der Kopfschmuckträger hat in Bezug auf indigene Völker tatsächlich eine rassistische Haltung und zeigt den Disrespect gegenüber diesem Kulturkreis durch seine „Verkleidungspraktik“.
Auch hier stellt sich mir die Frage, warum die Option, der Kopfschmuckträger hat sich mit der Kultur auseinandergesetzt, eventuell einige Zeit dort verbracht, fühlt sich zu ihr hingezogen und trägt den Schmuck als Anerkennung komplett ausgelassen wird.
NielsON
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Re: Wunderschöne Fusion aber teils fragwürdige Besucher*innen

Beitrag von NielsON »

Das Problem in der Debatte sehe ich vor allem darin, dass selbsternannte Gegner:innen der kulturellen Aneignung, Kultur in ihrer Argumentation implizit als etwas statisches betrachten welche sich einwandfrei bestimmten Gruppen zuordnen lässt.
Ich sage bewusst selbsternannt, denn Kultur, incl. Sprache und Kunst liegt in einem ständigen dynamischen Wandel, alles unterliegt seit Jahrtausenden einem Kreislauf von Aneignung, Adaption / Abwandlung.
Dass heißt leider nicht dass dieser Prozess immer ohne Gewalt, Zwang und Diskriminierung abläuft und ablief. Trotzdem bringt es nichts sich kollektiv einzelne kulturelle Aspekte raus zu picken und einen Hyperfokus auf diese zu richten.
In der Argumentation zu den oft diskutierten Dreadlocks zeigt sich wie absurd die Diskussion teilweise ist. Da werden die Argumente aus einer in den USA entstandenen Debatte eins zu eins auf Europa übertragen obwohl die von weißen Europäer:innen (im Gegensatz zu den Träger:innen in den USA) getragen Dreadlocks mehr mit indischen Sadhus aus Goa zu tun haben als mit PoC.
D.h. weiße Europäer:innen mit einem statischen Kulturverständnis welches dem der Identitären Bewegung nicht unähnlich ist, eignen sich eine Debatte an, die sich eigentlich nicht wirklich auf Europa übertragen lässt und fordern von weißen Hippies ihre Dreadlocks loszuwerden obwohl diese ihren Ursprung eher bei indischen Sadhus haben (und in der Debatte meist komplett ausgeblendet bleiben) die ein hohes gesellschaftliches Ansehen haben und das Hauptargument der erfahrenen vs. nicht erfahrenen Diskriminierung somit überhaupt nicht im selben Maße auf die Debatte in Europa übertragbar ist.
Zuletzt geändert von NielsON am Mo 3. Jul 2023, 20:52, insgesamt 1-mal geändert.
rattentatten
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Re: Wunderschöne Fusion aber teils fragwürdige Besucher*innen

Beitrag von rattentatten »

Hans-hansen hat geschrieben: Mo 3. Jul 2023, 19:22
Für die Fälle 1 und 2 (2 auch wenn moralisch verwerflich) wäre das Gespräch der sinnvollste Weg gewesen, denn meiner Meinung nach erreicht man dabei die Person am ehesten und kommt seinem ganz persönlichen Bildungsauftrag nach. Dies ist imho bei fast all diesen Themen der Fall. Denn eine Arroganz gegenüber dem Anderen aufgrund nicht vorhandener Awareness zerstört jegliches Entwicklungspotential.
Safe, der richtige Ansatz, aber siehe mein Beitrag oben, bin ich es leid dieses Gespräch zuführen. Genauso auf der letzten Fusion passiert. Leider hat es die rechte/konservative Seite geschafft, den Eindruck zu vermitteln, man wolle alles verbieten, das würde ja nie aufhören etc. und das Gespräch lief sehr vorgeschrieben. Sehr gut zu dem Diskussionsmuster: Cultural Appropriation: Ist kulturelle Aneignung diskriminierend? I 13 Fragen vom zdf.
Hans-hansen hat geschrieben: Mo 3. Jul 2023, 19:22 Du sagst ja selbst, man soll in keine Grundsatzdiskussion verfallen, genau das war auch der Ausgangspunkt meines Beitrages. Denn die Erstellung des Threads mit der „Empörung“ - ich weiss schreckliches Wort - als Hauptthema hilft leider nur uns, doch nicht dem Federträger, ausser er liest vielleicht mit.
Auch ein fairer Punkt, ich bin etwas zu weit ausgeschweift. Aus einem unbekannten Grund triggern mich Hütte beim Feiern eh und bei Kopfschmuck sollte es ja wohl so offensichtlich sein, dass das ein rituales Kulturgut ist, dass man einfach nicht tragen sollte, vor allem nicht beim Feiern.
Ein Warbonnet (maskulin oder neutrum, englisch war bonnet ‚Kriegshaube‘), deutsch Federhaube, ist eine Kopfbedeckung, die von den Männern[1] einiger Indianer Nordamerikas getragen wurde. Sie galt als Auszeichnung für besondere Leistungen und Tapferkeit im Krieg und kam ursprünglich vorwiegend bei den Prärie-Indianern vor. Heute dient sie zeremoniellen oder politischen Zwecken oder wird beim Powwow getragen.
Eine Federhaube war eines besondere Auszeichnung, und viele Krieger bekamen in ihrem ganzen Leben nur zwei oder drei Federn verliehen.
Von Wikipedia: Ist das ein Gegenstand der passend zu einer Feier ist? Bei Party.de kostet eine Kopfschmuck übrigens 25 Eur mit 50 Federn... Sorry, es triggert mich einfach so.

Aber für die Produktivität: Wie kann man den Menschen, die vielleicht eine andere Sozialisierung haben und das erste Mal dort sind, den Geist der Fusion besser näherbringen? Das Gespräch suchen ist schon mal eine Maßnahme. Ich rolle leider zu häufig meine Augen und nehme noch einen Drink...
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