_fiasco_ hat geschrieben: ↑Do 20. Jun 2024, 09:14
25thYoon hat geschrieben: ↑Do 20. Jun 2024, 07:53
Über meinen Körper darf ich doch selbst entscheiden, das ist doch irgendwie der Sinn hinter "safe space" für alle?
Wow, absolut nichts verstanden, herzlichen Glückwunsch! Wie man gleichzeitig zu einem Festival wie die Fusion fahren will und so einen Quatsch erzählen kann, ist auch next Level.......
Was mich an der Debatte zu "No-Shirt-Policy" stört, ist mal wieder dieses "totalitäre". Da wird so getan, als ob man gar nicht links sein könne, wenn man eine solche Policy ablehnt. Dazu kann ich nur sagen: Es ist keine offizielle Regel des Kulturkosmos. Es gibt lediglich einige sehr laute Grüppchen/Crews, die das seit Jahren mit aller Macht durchsetzen wollen. Es gibt aber auch immer wieder Gegen-Initiativen dazu. Ich meine mich beispielsweise an eine Bar auf der Fusion zu erinnern, die diese Regel explizit parodiert hat.
Ich persönlich finde es auch angenehmer, wenn ich nicht ständig von irgendwelchen schwitzigen, halbnackten Leuten beim Vorbeigehen gestreift werde. Ich kann auch verstehen, dass solch eine Policy (zumindest die gefühlte) "Prollo"- bzw. "Macker"-Quote drückt, was ich einen angenehmen Nebeneffekt finde. Gleichzeitig würde es mir nicht im Traum einfallen in irgendeinem oberkörperfreien, fröhlich drein-tanzenden Hippie-Dude, ein Problem zu erkennen. Irgendwo muss man die Kirche auch mal im Dorf lassen.
Selbst bewege ich mich hauptsächlich in linken Kreisen. Und die meisten, mit denen ich über dieses Thema gesprochen habe (egal welchen Geschlechts), vertreten den Standpunkt, dass sie es aus Rücksicht akzeptieren, aber inhaltlich eigentlich nicht unterstützen, da es für sie keiner überzeugenden Logik folgt. Das ist auch mein Standpunkt. Und hier so zu tun, als ob man bei der Fusion fehl am Platz wäre, nur weil man hier und da von der (von manchen imaginierten absoluten) "linken Wahrheit" abweicht, finde ich fragwürdig. Die politische Linke war/ist pluralistisch und genauso können auch die Positionen zu verschiedenen Themen sein. Das ist kein Problem, sondern eine Bereicherung (man muss es halt nur aushalten lernen).
Meiner Meinung nach hilft gegen übermäßige Sexualisierung vor allem viel nackte Haut und der dadurch entstehende Normalisierungseffekt - also das genaue Gegenteil der No-Shirt-Policy (ein gewisser Grad an Sexualisierung finde ich per se auch nicht problematisch und wird immer Teil des Menschseins bleiben, da wir eben sexuelle Wesen sind). Das kann man ja auch gut an jenen Orten beobachten, wo weibliche Brüste traditionell nicht bedeckt werden. Dort sind sie viel weniger sexualisiert. Andernorts, wo beispielsweise die Haare bedeckt werden (müssen), sind selbst diese sexualisiert.
Ich habe die Fusion (bis dieses leidige Thema aufkam) immer als ein Ort erlebt, wo sich jeder frei entfalten kann und gerade auch Frauen/FLINTA sich sicherer fühlen können als anderswo in der Gesellschaft. Darauf sollten wir aufbauen und daran weiter arbeiten. Das machen wir aber nicht, indem wir anderen ihre Privilegien wegnehmen, sondern indem wir alles daran setzen, dass Frauen/FLINTA sie ebenfalls bekommen.
Dass das "No-Shirt-Konzept" am Ende nicht wirklich durchdacht ist, zeigt sich doch schon allein am Beispiel Badesee (auf der Insel). Müssten Männer dort dann nicht eigentlich auch immer ihren Oberkörper bedecken? Wo ist hier genau der Unterschied zum restlichen Gelände. Weibliche Brüste werden am Badestrand doch potenziell genauso sexualisiert wie anderswo. Für mich ergibt das alles wie gesagt wenig Sinn und ich weigere mich, mir vorwerfen zu lassen, dass ich mich mit dem Thema nicht ausreichend auseinandergesetzt hätte, ich mich doch bitte "bilden" soll (auf Instagram oder wo?) oder ich in Wirklichkeit gar nicht richtig "links" sei. Einfach mal ein paar Gänge runterschalten und im Zweifel etwas Ambiguitätstoleranz walten lassen. Macht gerne auf Euer Anliegen aufmerksam, versucht argumentativ zu überzeugen aber dieses "totalitäre" Denken ("meine Wahrheit ist absolut") führt uns nicht weiter, sondern spaltet am Ende nur unnötig. Ich werde mein Shirt wie immer anbehalten, da ich sowieso nicht das Bedürfnis habe, halbnackt rumzulaufen. Auch übe ich immer gerne Rücksicht, aber inhaltlich bin ich halt dennoch nicht überzeugt.