Umgang mit Paranoia auf der Fusion

puiuqu
Beiträge: 6
Registriert: Mi 1. Jul 2015, 11:25

Umgang mit Paranoia auf der Fusion

Beitrag von puiuqu »

Es gab ja immer mal wieder Threads von Leuten die sich verfolgt fühlten und psychotisch wurden, und auch ich wollte fragen ob ihr gute Tipps zum Umgang damit habt, abgesehen vom offensichtlichen weniger Drogen nehmen und mehr schlafen.

Ich wurde gestern auch etwas paranoid (ist jetzt auf der Rückreise aber schon viel besser).

Gestern wurden alle möglichen von Fremden aufgegriffene Wortfetzen in meinen Film integriert (und vielleicht auch Schnitzeljagende, die am Trancefloor meinten, ich hätte da ausversehen etwas herausgefunden, vielleicht?). Immer und immer wieder hatte ich das Gefühl, dass irgendjemand über mich redet oder mich beeinflussen will - auch oft positiv, zB durch angedeutete flirts und nett gemeinte Sprüche und so. Aber selten bis nie direkt in mein Gesicht. Ich muss auch ziemlich verschallert gewirkt haben und insbesondere in den kurzen Phasen wo ich gestern allein unterwegs war wurde das bestimmt mal kommuniziert, von mir aufgeschnappt und kam dann in einen eh schon verschallerten Hals.

Ich fühlte mich jedenfalls oft scheiße damit, bin auch früh schlafen gegangen... , aber wollte fragen ob ihr noch Tipps habt mit so Situationen umzugehen? Eigentlich will ich ja niemandem unterstellen und konfrontieren damit, dass er:sie über mich redet - in den allermeisten Fällen stimmte das ja eh nicht.

Bin dankbar für eure Tipps, und mich würde auch interessieren wie bspw Eclipse mit so etwas umgeht (wollte selber gestern einfach schnell ins Bett und Schlaftabletten Klinken :)
Zuletzt geändert von puiuqu am Mi 3. Jul 2024, 19:58, insgesamt 1-mal geändert.
Grobster
Beiträge: 45
Registriert: Do 27. Jun 2013, 14:14

Re: Umgang mit Paranoia auf der Fusion

Beitrag von Grobster »

Deiner Beschreibung nach hilft da nur eins...

Nimm weniger bis gar nix oder wenn schon dann nur in einem safe space!

Und -no offense- wenn es Dir, anscheinend ja nicht zum ersten Mal, unter Einfluss von was auch immer nicht gut geht in der Situation und du es trotzdem tust... such dir Hilfe!
benutzername9921
Beiträge: 26
Registriert: Di 25. Jun 2024, 22:19

Re: Umgang mit Paranoia auf der Fusion

Beitrag von benutzername9921 »

Ket? Ich würde an deiner Stelle nächstes mal ganz bewusst mit einer sicheren Person / im Eclipse konsumieren und jede einzelne Erzscheinung zum Thema machen damit dir beigebracht wirst wie du mit Halluzinationen umgehen kannst.
RRR
Beiträge: 13
Registriert: Di 5. Jul 2016, 22:59

Re: Umgang mit Paranoia auf der Fusion

Beitrag von RRR »

benutzername9921 hat geschrieben: So 30. Jun 2024, 19:20 Ket? Ich würde an deiner Stelle nächstes mal ganz bewusst mit einer sicheren Person / im Eclipse konsumieren und jede einzelne Erzscheinung zum Thema machen damit dir beigebracht wirst wie du mit Halluzinationen umgehen kannst.
Bieten die sowas an? Das man Paranoia abtrainieren kann wäre mir neu. Bei entsprechender Prädisposition am besten keine psychedelika konsumieren.
nantalos
Beiträge: 212
Registriert: Fr 30. Jul 2021, 08:54

Re: Umgang mit Paranoia auf der Fusion

Beitrag von nantalos »

Also Eclipse ist da ne gute Anlaufstelle, egal ob drogenbedingt oder nicht, bei allen Sachen um die psychische Gesundheit sind dort Menschen, die dir helfen.
Und wenn es mit Drogen zu tun hat, dann haben sie vielleicht Tips.
rattentatten
Beiträge: 90
Registriert: Mo 4. Jul 2022, 16:38

Re: Umgang mit Paranoia auf der Fusion

Beitrag von rattentatten »

Been there - done that. Passiert.

Ja, drogen-induzierte Psychosen passieren, gerade bei langem Schlafentzug. Auch der Konsum von Serotonin ausschüttenden Substanzen kann dazuführen, da niedriges Serotonin auch zu psychotischen Nebenwirkungen führen kann. Daher ist es auf jeden Fall wichtig zu unterscheiden, ob dieser Zustand während des Highs oder erst beim Comedown passiert. Gute Nachricht: in den meisten Fällen sind das nur Episoden, d.h. es geht weg.

Hier einige Tipps:
Paranoia während des Trips:
*Szenario wechseln: vom vollen Dancefloor an den Rand
*Die Situation embracen: Panik raussnehmen und versuchen ruhiger zu werden. Es ist auch okay mal nicht schlafen zu können.
*Leichte nette Gespräche an guten Orten, mir hat mal in einer Episode eine nette Frau am Teezelt sehr geholfen. Es gibt viele gute Peers in deiner Nähe. Fokus auf das Positive. Teezelt, Firespace etc.
*Awareness oder Eclipse aufsuchen
*Menschen ansprechen, hey - ich brauche gerade ein wenig Hilfe, ist okay wenn wir kurz quatschen?
*Worst-Case Trip-Abbrecher oder Benzodiapine - aber bitte Vorsicht mit Kontraindikationen!
*Beim Comedown von LSD mag ich z.b. MDMA (easy does it, 25mg) um einfacher runterzukommen
*Wenn überhaupt leichtes Weed, aber eher nicht
*Call it a night - ich bin dann auch mal mit nem Freund Arm in Arm draußen untern dem Pavillon am pennen, weil mein Zelt mir zu spooky ist

Danach:
*Breaks
*Serotonin-stimulierende Ernährung: Dunkle Schokolade, Cashews
*Self Care: Duschen, Frisch sein, Hydrierung
*Ein Tag mal an der Insel, Ruhe finden
*Reflexion - es ist okay, dass es passiert ist, aber was kann ich ändern? Gibt es eine Anspannung in mir, welche der Trigger sein könnte?
*DRÜBER Reden - danke für deinen Post
*Mit Abstand - an den Ort zurückgehen - ich hatte mal einen katatonischen Trip auf der Fusion und im Jahr danach bin ich bewusst an den Ort zurück, um meine Angst zu konfrontieren.

Bisl Lesestoff - man kann mit Verhaltenstherapie die Symptome einer Psychose modellieren. Und 10-15% der Bevölkerung erfährt regelmäßig Paranoia - happens.
https://www.cambridge.org/core/journals ... 3D6FABBB4C
puiuqu
Beiträge: 6
Registriert: Mi 1. Jul 2015, 11:25

Re: Umgang mit Paranoia auf der Fusion

Beitrag von puiuqu »

Vielen vielen Dank für die Rückmeldungen, insbesondere die letzte - topp Tipps dabei.

Ich hatte vor einigen Jahren schonmal ne Verhaltenstherapie durch und war mir fast sicher, dass ich mittlerweile einen guten Umgang zur Vermeidung oder Eingrenzung paranoider Schübe gefunden hätte - im Alltag und auch allermeistens auf Drugs klappt es ganz gut, und heute geht es mir schon wieder viel besser. Schlaf, gute Ernährung und eine reizarme Umgebung sind für mich die beste Medizin, aber auf der Fusion halt auch nicht immer so easy zu bekommen (außer das gute Essen natürlich, shoutout an die Kung Fu Kitchen :D).

Ich nehme mittlerweile nur noch 2-3 Mal im Jahr Drugs, und werde die Dosierung wohl noch etwas runterschrauben, und insbesondere mit Keta etwas mehr aufpassen (Psychedelika oder Weed nehme ich eh nie wieder). Das Eclipse Zelt werde ich gleich zu Anfang der nächsten Fusion aufsuchen, und mal mit ihnen durchsprechen, was ich ggf. machen kann, und wie sie mich begleiten können - abtrainieren wäre natürlich phänomenal. Entspannende Spaces aufzusuchen ist auch ein großartiger Tipp, daran hatte ich so bei der Fusion noch gar nicht richtig gedacht (Hängematte am Rootsbase würde sicherlich auch gut gehen 8-) ). Auch werde ich nochmal nüchtern zum Spot aufm Trancefloor beim Aromawasser gehen, wo ich irgendwie angetriggert wurde, und versuche das nochmal aufzurollen - großartige Idee.

Ich war zum Glück mit tollen, vertrauten Leuten unterwegs, aber zwischenzeitlich einfach zu wahnhaft und sprunghaft, als dass sie mir folgen konnten, gedanklich und physisch. Sie haben mir gute Tipps gegeben ("unbedingt zusammenbleiben") die ich dann aber noch mehr lernen muss anzunehmen. Ich merke auch, dass ich mir nochmal überlegen muss, was ich ihnen noch zusätzlich an Hilfestellung mit auf den Weg geben kann, damit sie mich etwas runterholen können oder vermeiden können, mich anzutriggern (im Fall aller Fälle, der hoffentlich eh nie wieder kommt). Da ich ziemlich hörsensibel bin, ist es vielleicht gut, wenn sie nicht meinen Namen nennen wenn sie über mich sprechen (egal wie lieb sie auch über mich reden mögen). Insgesamt sollte ich mir vielleicht eh einen weniger üblichen Namen anlegen :lol:

Meine engsten Friends sind alle empathisch und im Bilde darüber, dass Verfolgungswahn für mich ein Thema ist, aber wirklich verstehen kann das glaube ich nur jemand, der selbst damit Erfahrung hat. Unter anderem deshalb tue ich mich auch schwer, in so einer Situation auf jemand Fremdes zuzugehen, um nach Hilfe zu fragen. Ich glaube ich suche in dem Moment oft irgendwie nach Verständnis - nicht unbedingt für den Verfolgungsaspekt, aber für die Bedürfnisse dahinter, die mir dann selbst verklärt sind und ich nicht artikulieren kann. Deswegen macht es mir auch Angst, auf andere Leute zuzugehen, die womöglich ebenfalls Unverständnis zeigen oder Wahn warhnehmen und selbst verängstigt würden.

Andererseits ist die Fusion ja an sich ein toller Ort, um mal zu üben, Fremden zu vertrauen, auch bei kleineren Problemen. Ich selbst hatte vor ein paar Jahren auch mal neben jemand allein im K-Hole liegenden gewartet bis er wieder zu sich kam, ihm Wasser gegeben und dann zu seinen friends gebracht. Und ich höre immer wieder ähnliche Storys im Fusion spirit :)

Passenderweise kamen auch eher wohlwollende Wortfetzen aus der Umgebung bei mir in meinem Film an, und aus den Refrains aus den Boxentürmen lief in meiner Kopf-Version meistens so was wie: "geh mal was essen", "schau doch den Himmel an", o.ä. :)

Trotzdem ist es eindeutig schöner, die selbe verspulte Realität mit möglichst vielen anderen zu teilen. Werde also noch etwas weiter an mir schleifen damit das weiterhin gut geht - insbesondere Impulskontrolle ist wohl nochmal ein Thema (die veremintlich entspannende Keta-Line im Zelt zur Schlaftablette hätte wirklich nicht unbedingt sein müssen :oops: :roll: )
Zuletzt geändert von puiuqu am Mi 3. Jul 2024, 20:00, insgesamt 1-mal geändert.
FrippeL
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Registriert: Mi 4. Jul 2012, 12:49

Re: Umgang mit Paranoia auf der Fusion

Beitrag von FrippeL »

Nicht alleine unterwegs sein hilft ebenfalls ungemein. Klarr findest du sicherlich viele Menschen, die dir auf Ansprache helfen können. Aber einfach mal die Hand von einem lieben Menschen greifen zu können wirkt Wunder.
RRR
Beiträge: 13
Registriert: Di 5. Jul 2016, 22:59

Re: Umgang mit Paranoia auf der Fusion

Beitrag von RRR »

Was du beschreibst ist kein Verfolgungswahn sondern ein Symptom aus der Gruppe der Ich - Störungen. Man nennt es Beziehungswahn. Da du es als belastend beschreibst und nicht als interessante Begebenheit beim druffen würde ich dir wärmstens ans Herz legen , deinen Konsum zu reflektieren.
MeterPaffay
Beiträge: 74
Registriert: Di 23. Aug 2022, 16:47

Re: Umgang mit Paranoia auf der Fusion

Beitrag von MeterPaffay »

rattentatten hat geschrieben: Mo 1. Jul 2024, 12:21
*Worst-Case Trip-Abbrecher oder Benzodiapine - aber bitte Vorsicht mit Kontraindikationen!
Sollte diese Entscheidung gefällt werden, bitte dazu an das medizinische Fachpersonal in rot/grün/blau direkt neben Eclipse wenden.
Diese können den Menschen korrekt und safe Beruhigungsmittel verabreichen, wenn es wirklich zu stressig ist und nichts anderes hilft. Niemand muss stundenlang einen Para-Film aushalten, sowas geht auch auf die Psyche.
Zudem will auch niemand, dass jemand sich versehentlich im Film zu viel von irgendeiner Benzo noch viel mehr Schaden zufügt. Die Sanis wissen am besten wie viel zu verabreichen ist und können auf euch aufpassen oder euch zu Eclipse rübertragen, damit ihr dort safe runterkommt.
Wenn es absolut gar nicht geht, so gibt es in der Nähe extra dafür angemietete Ferienwohnungen, wo Leute mir ernsten Notfällen untergebracht werden können, wenn sie absolut nicht mehr auf dem Festival sein können und auch nicht so einfach nach Hause kommen/abgeholt werden müssen.
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