Nachdem ich eine fast perfekt großartige Fusion erlebt habe, bei der mir nur meine Freundin fehlte, die mangels Ticket daheim geblieben ist, hat der Newsletter bei mir auch einige Bauchschmerzen verursacht. Egoismus und Fusion passen ja schon vom Wortlaut her nicht zusammen - Teil von etwas zu sein ist nunmal etwas anderes, als schlichtes Konsumieren. Nun habe ich eine Zeitlang gegrübelt, wie man dem Bedürfnis der Leute nach einem großartigen Wochenende des Eskapismus begegnen kann, ohne dass die kleinbürgerliche Ellbogenmentalität auch noch in diese Welt einbricht. Das Recht auf Fusion, das sich viele wohl unbewußt wie unreflektiert selbst zuschreiben ist ja keines, das man per se hat und ich bin dennoch sehr froh, dass eine Gesinnungskontrolle nicht stattfindet. Auf der anderen Seite ist der Gedanke, dass die die sich zu Gunsten der Mehrheit in Verzicht üben, zwar von Herz und Verstand her das Festival bereichern würden, dann aber das Gefühl haben, das Feld Leuten zu überlassen, die genau dieses Verhalten überhaupt nicht zu würdigen wissen. Unerträglich, dieser Gedanke!
Aber wie dem beikommen? Alternativen aufzeigen wäre eine Sache. Zwar habe ich weder Mittel noch Ahnung, wie ich ein eigenes Festival mit einem ähnlichen Spirit aufziehen könnte, aber möglicherweise gibt es ja auch schon welche. Eine Spinnerei, die in meinem Kopf rumgeisterte, war die, ob man den Ticketverkauf nicht mit anderen Realitätstherapeuten - sprich Festivalorganisatoren - zusammenkoppeln könnte. So dass jeder sicher sein kann, für ein Wochenende nicht allein sein zu müssen. Zusammen mit dem E-Mail-Versand einer Niete bei der Verlosung könnte dann das Angebot stehen, doch vielleicht ein Wochenende auf einem neuen, unbekannten Spielplatz zu verbringen. Das fördert ja vielleicht auch noch einige unbekannte, nichtkommerzielle Festivals, die genauso wie die Fusion mit Problemen wie dem schnöden Mammon zu kämpfen haben. Das Ganze gilt ja auch noch europaweit - warum nicht einfach mal nach Polen oder Albanien oder Portugal? Ein Netzwerk professionalisierten Eskapismus...
Ein anderer Gedanke sei - und der ist nun wirklich etwas Weltfremd, hat aber einen gewissen Reiz - einfach alle Tickets ausnahmslos an den Dienst an der Gemeinschaft zu koppeln. Warum nicht AUSGANGSkontrollen? Wer bei der Abreise nicht 2 Bändchen (Eintritt + "Held der Arbeit" o.ä.) vorzuweisen hat, wird eben nochmal gemäß ABG zum Wohle der Allgemeinheit zur Kasse gebeten - eine kleine Entschädigung für Inanspruchnahme von Volkseigentum. Ferienkommunismus eben.
Die dritte Sache ist: Information. Wenn sich Interessierte im Programmheft bis zu der Seite mit den Regeln durchgucken, oder auf der Homepage und im Newsletter die Appelle zu Besonnenheit und Solidarität durchlesen, tun sie das, weil sie es wollen und suchen. Nur - die, die Scheuklappen haben, werden es schlicht nicht sehen. Man muss ja nicht gleich einen Regelkatalog (bei dem Wort stellen sich ja schon die Nackenhaare auf) auf die Frontseite der Fusionwebsite stellen, aber ein bißchen auffälligere Werbung für eine bessere Gesellschaft, die man ja sein will, wäre auf dem Weg zum Ticket schon wünschenswert. Wäre ja furchtbar, wenn die Konsumisten gar nicht merkten, was sie verpassten
So, genug des Gelabers, ich danke allen, die mir dieses unvergessliche, großartige Wochenende beschert haben, hoffe auf noch kosmischere Ausmaße (nicht die Größe des Festivals, die der Gefühle) nächstes Jahr und wenn nicht, dann halt etwas später. Man vergisst euch nicht.